Merz will ebenfalls antreten Kampfkandidatur um CDU-Vorsitz geht in neue Runde

Berlin · Die Kampfkandidatur um den CDU-Vorsitz geht in die nächste Runde. Nach dem Ex-Bundesumweltminister Norbert Röttgen will sich am Dienstag nun Friedrich Merz erklären. Die Entscheidung soll am 25. April bei einem Sonderparteitag fallen.

 So sehen die Düsseldorfer Karnevalisten den Kampf um den Vorsitz der CDU – ein Bild vom Rosenmontagszug in der NRW-Landeshauptstadt.

So sehen die Düsseldorfer Karnevalisten den Kampf um den Vorsitz der CDU – ein Bild vom Rosenmontagszug in der NRW-Landeshauptstadt.

Foto: AP/Martin Meissner

Annegret Kramp-Karrenbauer wirkt so selbstbewusst wie in ihren besten Zeiten. Zackig, angriffslustig und süffisant bestreitet sie am Montag die Pressekonferenz im Konrad-Adenauer-Haus. Es geht um das Verfahren, wie sie den CDU-Vorsitz abgibt und bei einem Sonderparteitag am 25. April ihr Nachfolger gewählt wird. Sie wirkt erleichtert, als wäre eine Last von ihr gefallen. Zwei Wochen zuvor hatte sie an dieser Stelle erschöpft ausgesehen bei ihrer Ankündigung, sich von dem großen Amt der CDU zurückzuziehen – für das die langjährige saarländische Ministerpräsidentin so hart gekämpft hat.

Nun kommt es erneut zu einem Kampf um den CDU-Vorsitz, den Kramp-Karrenbauer im Dezember 2018 gegen Friedrich Merz nur knapp gewonnen hatte. Merz ist jetzt wieder im Spiel. Er will sich am Dienstagvormittag in Berlin zur Kandidatur äußern. Auch mit Gesundheitsminister Jens Spahn, der damals der dritte Kandidat war, hat Kramp-Karrenbauer in der vorigen Woche über eine mögliche Kandidatur gesprochen. Und mit NRW-Ministerpräsident Armin Laschet sowie mit Ex-Bundesumweltminister Norbert Röttgen, der seine Kandidatur als erster der vier bekannt gegeben hatte.

Eine Frau ist bisher nicht in Sicht, was etwa Schleswig-Holsteins Ministerpräsidenten Daniel Günther bekümmert. Eine reine Männerriege als Kandidaten empfindet er für die CDU im Jahr 2020 als falsches Signal. Andere in der Partei wiederum finden, 20 Jahre Frauen-Macht in der CDU, gut 18 Jahre Angela Merkel und danach Kramp-Karrenbauer, seien genug. Jetzt müsse wieder ein Mann ran. Das Bemühen der Noch-Chefin um eine Teamlösung ist jedenfalls gescheitert – wenn es nicht noch eine große Überraschung gibt. Damit ist aber nicht mehr zu rechnen. Wir haben Stärken und Schwächen der vier Männer zusammengetragen und den Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte ein Fazit ziehen lassen.

Armin Laschet:

Stärken: Der 59-Jährige gilt als nahbar und versöhnlich. Mit seinem rheinischen Naturell mit Höflichkeit und Gelassenheit stößt er auf Sympathie.

Schwächen: Im Kampf um das Kanzleramt wird ihm der nötige Wille und Biss nicht von allen zugetraut.

Fazit Korte: Er ist der natürliche Erbe Angela Merkels. Er steht für liberale Gesellschaftspolitik und liberale Migrationspolitik. Und wie Merkel setzt er auf asymmetrische Demobilisierung, also darauf, dem politischen Gegner möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten. Seine Ziele politischer Gestaltung sind uneindeutig. Er hat keine Ecken und Kanten. Laschet ist es gelungen, in NRW die AfD relativ klein zu halten, indem er Fachpolitiker wie Herbert Reul und Wolfgang Bosbach sichtbar im Regierungsteam eingebunden hat.

Friedrich Merz:

Stärken: Merz erfüllt die Sehnsucht in der Partei, die CDU wieder konservativ zu machen und sie mehr auf Wirtschaftspolitik auszurichten.

Schwächen: Merz gilt als wenig zugewandt und eher als empathielos.

Fazit Korte: Merz ist der Prototyp, der die Sehnsucht nach politischer Eindeutigkeit, nach einem neuen Auftritt, nach charismatischem Überschwang befriedigen kann. Er ist der Gegenentwurf zum Merkelismus, den zurzeit im mobilisierenden Auftritt sonst nur die Spitze der Grünen darstellt. Für Wähler ist Merz ein markantes Angebot. Er hat gute Chancen, AfD-Wähler zurückzuholen und kann Wohlstands-Chauvinisten und Salonradikalen überzeugen. Für die CDU ist er das größte Risiko. Er wird sie nicht einen können. Er hat noch nie eine Wahl gewonnen und seit Jahren kein wichtiges Parteiamt mehr gehabt.

Norbert Röttgen:

Stärken: Röttgen ist mutig und selbstbewusst und hat seine Kandidatur dezidiert begründet.

Schwächen: Dem 54-Jährigen könnte es an Truppen in der CDU mangeln. Im Landesverband NRW sind viele nicht gut auf ihn zu sprechen.

Fazit Korte: Ihm wäre es möglich, die Mitte zu mobilisieren und die Bundespartei zu einen – mit seinen Themen Umwelt, Außenpolitik und Migration. Seine Ansage, Grenzen und das Klima sichern zu wollen, erinnert an den österreichischen Kanzler Sebastian Kurz. Röttgen kann die CDU überzeugend gegen die AfD abgrenzen, indem er aus der Mitte heraus inhaltlich Politik macht. Wenn es wieder konkrete Gestaltungsideen gibt, dann stellt sich die Frage gar nicht, ob und wie sich die CDU nach links oder rechts abgrenzen muss. Röttgen beherrscht den intellektuellen Angriff.

Jens Spahn:

Stärken: Der 39-Jährige hat durch die verlorene Kampfkandidatur 2018 an Statur gewonnen. Er reihte sich in die Partei- und Regierungsarbeit ein und gilt als effektivster Bundesminister der CDU.

Schwächen: Sein vielleicht größtes Problem ist, dass er immer noch als jung genug gilt, um auf das ganz große Amt warten zu können.

Fazit Korte: Er ist ein absoluter Parteigänger, er kann Mehrheiten organisieren und ist ein guter Fachpolitiker. Der frühere Spahn, der sich für Kopftuchverbot und gegen Englisch in Berliner Szene-Kneipen aussprach, zeigte für Konservative klare Kante. Der neue Spahn hat das nicht mehr. Er könnte die Partei einen, wenn man die Wandlung seiner Person sieht. Er hat auch das Potenzial, die Mitte zu erreichen, weil man ihm zutraut, Gestaltungsziele zu formulieren und durchzusetzen.

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