Hotline wieder hochgefahren Berufskollegs warnen vor Überforderung

Krefeld · An der Schulform werden ab Donnerstag in NRW überproportional viele Schüler wieder unterrichtet.

 Eine Frau bereitet an einer Schule Tische und Stühle für Prüfungen vor.

Eine Frau bereitet an einer Schule Tische und Stühle für Prüfungen vor.

Foto: dpa/Sebastian Kahnert

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Wenn am Donnerstag das Berufskolleg Kaufmannsschule in Krefeld den Unterricht wieder aufnimmt, dann werden dort nach fünf Wochen Pause auf einen Schlag 840 der insgesamt 2500 Schüler die Schulbank drücken.

Eine alarmierend hohe Zahl. Das Krefelder Berufskolleg ist damit nicht allein. Weil viele der angebotenen Ausbildungen nur zwei bis drei Jahre dauern, befinden sich zahlreiche Schüler bereits kurz vor dem Abschluss. Und für sie gilt laut dem NRW-Schulministerium ab Donnerstag wieder die Schulpflicht. Hinzu kommen die Abi­turienten.

Dieses Hochfahren von jetzt auf gleich sei ein Problem, vor dem viele der 250 nordrhein-westfälischen Berufskollegs mit einer Schülerzahl von 1500 bis 3000 stünden, sagt Hilmar von Zedlitz-Neukirch, Schulleiter des Berufskollegs Kaufmannsschule. Er hat einen Gegenvorschlag: „Die Abitur- und Fachabiturprüfungen bekommen wir nicht weiter verschoben, aber bei den Ausbildungsprüfungen gibt es zumindest Spielraum.“

So fänden die IHK-Kammerprüfungen etwa für Bank- und Büromanagement sowie für Versicherungskaufleute erst Mitte Juni statt. „In diesen Berufsgruppen könnte man problemlos sagen, wir starten erst später und entzerren so den Anlauf.“

Die Grünen-Politiker Sigrid Beer und Felix Banaszak weisen noch auf eine weitere Besonderheit der Berufskollegs hin: Die Schüler hätten dort Anfahrten aus einem weiteren Umkreis: „Die mit schmerzhaften Einschnitten erzielten Erfolge in Bezug auf die Reproduktionszahl des Virus werden fahrlässig aufs Spiel gesetzt.“

Doch Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) ist fest entschlossen, den Zeitplan durchzuführen.

Tatsächlich hat von Zedlitz-Neukirch in Sachen Ausstattung derzeit keine Bedenken: „Was die hygienischen Grundvoraussetzungen betrifft, sind wir gut ausgerüstet. Da hat die Stadt Krefeld vorbildlich geliefert.“

Für Schulen, die immer noch auf der Suche etwa nach Desinfektionsmittel seien, verweist das Ministerium an die Bezirksregierung Münster. „Wir haben eine Hotline, die wir anlässlich der Schulschließungen eingerichtet haben, wieder hochgefahren“, erklärte ein Sprecher der Bezirksregierung.

Neben den hygienischen Vorbereitungen muss sich von Zedlitz-Neukirch mit organisatorischen Fragen auseinandersetzen. So schreibt das Ministerium vor, dass in den Räumen nicht nur ein Abstand von 1,5 Metern gewahrt bleiben muss, sondern es für jeden Schüler „eine namentliche und nach Sitzplatz bezogene Registrierung“ geben muss, „um eine etwaige Nachbefragung beziehungsweise Kontakt-Nachverfolgung zu ermöglichen“.

Das werde sich schnell einspielen, sagt der Schulleiter. „Das geht anhand des Klassenbuchs und eines gesonderten Sitzplans. Dies ist meines Erachtens zwar ein bürokratischer Mehraufwand, aber ein handhabbarer.“

Sorgen bereitet ihm vielmehr, wenn nach fünf Wochen Unterbrechung die Schüler wieder auf den Schulhof strömen. „Das wird ein Happening. Selbst mit der vorgeschlagenen Entzerrung hätten wir immer noch 300 Schüler täglich auf dem Pausenhof, die sich nach der Kontaktsperre nun wiedersehen. Da wird es mit dem Abstandhalten sehr, sehr schwierig werden.“

Seine Lösung: das normale 90-Minuten-Doppelstundenraster aufbrechen, damit die Schüler zeitversetzt in die Pause gehen können.

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