Urteil zu Treuhändern BGH: Privatversicherte bekommen kein Geld zurück

Karlsruhe · Das Urteil lässt alle privaten Krankenkassen aufatmen. Dank einer Grundsatz-Entscheidung aus Karlsruhe drohen ihnen keine hohen Rückforderungen wegen des Verfahrens für Beitragserhöhungen. Die Richter sind überzeugt: Davon profitieren auch die Versicherten.

 Laut BGH ist es nicht Sache der Zivilgerichte, die Unabhängigkeit von Treuhändern zu überprüfen, wenn Kläger sich gegen gestiegene Beiträge wehren.

Laut BGH ist es nicht Sache der Zivilgerichte, die Unabhängigkeit von Treuhändern zu überprüfen, wenn Kläger sich gegen gestiegene Beiträge wehren.

Foto: Uli Deck

Hohe Rückerstattungen der privaten Krankenkassen an ihre Versicherten sind nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom Tisch.

Die Karlsruher Richter stellten klar, dass Gerichte Beitragserhöhungen nicht allein deshalb kippen können, weil sie die Unabhängigkeit des daran beteiligten Treuhänders bezweifeln. Über diesen Hebel hatten etliche Kläger vor Amts- und Landgerichten Rückzahlungen erstritten. Damit ist nun Schluss. (Az. IV ZR 255/17)

Ohne Zustimmung eines Treuhänders dürfen die Versicherer ihre Prämien nicht nach oben oder unten anpassen. Von diesen Spezialisten gibt es nur ein gutes Dutzend. Sie arbeiten oft über längere Zeit intensiv mit einem Unternehmen zusammen und bekommen von ihm dafür viel Geld. Die Kläger halten sie deshalb für nicht frei in ihrer Entscheidung.

Für den BGH ist das allein aber kein Grund, Beitragserhöhungen für unwirksam zu erklären. Denn das Gesetz sieht vor, dass alle Treuhänder vor Beginn ihrer Tätigkeit von der Aufsichtsbehörde Bafin überprüft werden. Dabei ist Unabhängigkeit Voraussetzung. Es sei aber nicht Sache der Gerichte, diese Unabhängigkeit bei der Prüfung einzelner Prämienanpassungen jedes Mal infrage zu stellen.

Ob angehobene Beiträge korrekt berechnet und ausreichend begründet wurden, bleibt selbstverständlich gerichtlich überprüfbar. Der BGH sieht deshalb einen wirkungsvollen Rechtsschutz gewährleistet.

Geklagt hatte ein Mann, der bei der Axa versichert ist. Er wehrte sich gegen Beitragserhöhungen in den Jahren 2012 und 2013. In seinem Fall muss sich das Landgericht Potsdam nun noch einmal anschauen, ob die Anhebungen ausreichend begründet und in der Sache korrekt waren. Die Person des Treuhänders wird dabei aber keine Rolle mehr spielen.

Hoffnungen auf einen Geldsegen für viele Privatversicherte haben sich damit zerschlagen. Der BGH sieht sein Urteil trotzdem als eine Entscheidung im Sinne der Verbraucher. Vorrangig sei, dass die Versicherungen alle zugesicherten Leistungen dauerhaft erfüllen könnten. Wenn eigentlich notwendige Prämienanpassungen nur wegen des Treuhänders unwirksam würden, gefährde das die Beitragsstabilität. Laut BGH zum Nachteil aller: Denn bei der nächsten Preiskalkulation schnellen die Beiträge höchstwahrscheinlich umso mehr in die Höhe.

Der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) begrüßte die Entscheidung. Der BGH habe bestätigt, dass das seit 25 Jahren etablierte Verfahren rechtskonform sei, sagte Geschäftsführer Florian Reuther. "Dies ist kein Urteil zu Lasten der Versicherten, sondern es bestätigt, dass die geltenden Regeln beachtet wurden."

Auch die Axa sieht sich in ihrer Auffassung bestätigt. "Die Kunden zahlen einen korrekt kalkulierten Preis für die vertraglich vereinbarten Leistungen", teilte das Unternehmen mit.

Der Finanzexperte der Grünen im Bundestag, Gerhard Schick, forderte wegen des Urteils "deutliche Verbesserungen am gesamten Prüfsystem zum Schutz der Versicherten". Die Überprüfung der Treuhänder durch die Bafin sei aktuell "nicht viel mehr als eine reine Formalie".

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