Der Weg zum Grundgesetz Bildband von Helge Matthiesen dokumentiert Arbeit des Parlamentarischen Rats in Bonn

Bonn · GA-Chefredakteur Helge Matthiesen zeigt in einem Bildband mit Fotos der Düsseldorfer Fotografin Erna Wagner-Hehmke die Arbeit des Parlamentarischen Rats in Bonn.

 Über den Bildband zum Parlamentarischen Rat freut sich Autor Helge Matthiesen (r.) mit v.l. Dietmar Preißler, ehemaliger Sammlungsdirektor im Haus der Geschichte, dem Ex-Bundesverfassungsrichter Udo di Fabio und Harald Biermann, Präsident der Stiftung Haus der Geschichte.

Über den Bildband zum Parlamentarischen Rat freut sich Autor Helge Matthiesen (r.) mit v.l. Dietmar Preißler, ehemaliger Sammlungsdirektor im Haus der Geschichte, dem Ex-Bundesverfassungsrichter Udo di Fabio und Harald Biermann, Präsident der Stiftung Haus der Geschichte.

Foto: Martin Wein

Mit vielem hat er sich bekanntlich durchgesetzt, in manchen Punkten musste aber auch Konrad Adenauer klein beigeben. Etwa als es am 23. Mai 1949 zur Unterzeichnung des Grundgesetzes kam. Adenauer hatte sich eine staatstragende Geste vorgestellt. Das große Tintenfass aus dem Kölner Ratssilber stand schon bereit, wie ein historisches Foto neben der Originalausfertigung zeigt. Unterschrieben haben Adenauer und die 93 anderen Mitglieder des Parlamentarischen Rats dann allerdings mit Füllfederhaltern der Bonner Firma Soennecken – und zwar mit „Vor- und Zuname“, wie ein Zettel der Ratsverwaltung neben dem Buch sie ermahnte. „Sonst wäre das Grundgesetz heute voller Tintenflecken“, glaubt Dietmar Preißler, frisch pensionierter Sammlungsdirektor der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Viele Jahre lang hat Preißler Hunderte Aufnahmen bis ins letzte Detail untersucht, mit denen die Düsseldorfer Fotografin Erna Wagner-Hehmke 1948/49 die Arbeit des Parlamentarischen Rats dokumentierte. Helge Matthiesen, Historiker und Chefredakteur des Bonner General-Anzeigers, bringt die Fotos jetzt zwei Jahre vor dem 75. Jubiläumsjahr des Grundgesetzes in einem gewichtigen Bildband als Autor zusammen (“Für immer Recht und Freiheit“, Greven Verlag, 138 S. geb. 30 Euro).

In einer öffentlichen Buchpräsentation im Saal des Bundesrats gab Matthiesen zusammen mit Preißler einen unterhaltsamen Eindruck davon, wie akribisch sie die Aufnahmen auf Inszenierung, Komposition und Technik abgeklopft und nebenbei die Entstehungsgeschichte unserer Republik nachvollzogen haben.

Eine im Krieg unzerstört gebliebene Schulaula

Eine Geschichte, über die wir merkwürdig wenig wissen, wie der ehemalige Bundesverfassungsrichter Udo di Fabio in seiner Laudatio bemerkte. Er selbst sei noch nie im Saal des Bundesrats gewesen, ursprünglich einer 1933 eingeweihten, im Krieg unzerstört gebliebenen Schulaula, in der der Parlamentarische Rat nach seiner Eröffnung im Museum Koenig tagte. Weil die Ratsvertreter mit Rücksicht auf die sowjetisch besetzte Zone ausdrücklich keine Verfassung gewollt hätten, habe es der Arbeit bewusst an Pathos gemangelt. Dem Grundgesetz mit seinen schnörkellosen Sätzen wie „Alle Macht geht vom Volke aus“ habe das nur gutgetan. „Operativ“ habe sich das als Provisorium gedachte Grundgesetz voll bewährt, so di Fabio.

Dass es die Fotoserie überhaupt gibt, die kurz vor Hehmkes Tod 1987 ins Haus der Geschichte kam, ist übrigens einem Einfall von Hermann Wandersleb zu verdanken. Damals als Leiter der nordrhein-westfälischen Staatskanzlei wollte Wandersleb – „ein Schlitzohr“, so urteilte Matthiesen – den Vätern und vier Müttern des Grundgesetzes jeweils ein Fotoalbum zur Erinnerung mitgeben und gleichzeitig damit für Bonn als künftige Hauptstadt werben. So hat Wandersleb Bonn gleich zwei Dienste erwiesen, denn Matthiesens Buch dokumentiert mit diesen einzigartigen Zeitdokumenten in großem Format nicht nur die Geburt der Bonner Republik, sondern auch Schlüsselmomente der Bonner Stadtgeschichte.

Das Urexemplar des Grundgesetzes sucht man in Bonn und im Haus der Geschichte allerdings vergeblich. Es liege im Tresor des Direktors der Bundestagsverwaltung in Berlin, verriet Preißler. Vielleicht wird sich mit der Neukonzeption der ständigen Ausstellung und dem 75. Grundgesetz-Jubiläum 2024 ja daran etwas ändern.

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