Standortsuche Bonn ist reelle Option für Nato-Hauptquartier

Berlin · Die Nato will zur Gefahrenabwehr ein neues Hauptquartier aufbauen. Weil in Bonn bereits die Streitkräftebasis (SKB) wie auch das Streitkräfteamt der Bundeswehr ihren Sitz haben, scheint Bonn eine reelle Option zu sein.

Zwei Sätze, eine Botschaft. „Wir wollen keinen neuen Kalten Krieg. Der Kalte Krieg ist Geschichte – und er sollte es bleiben.“ Nato-Gipfel, Juli 2016 in Warschau: Generalsekretär Jens Stoltenberg schickte Wladimir Putin diese Nachricht und einen Beschluss der Allianz in den Kreml. Vor dem Hintergrund anhaltender russischer Aggressionen rüstet sich die Nato mit einer Kampftruppe von jeweils 1000 Soldaten in den drei baltischen Staaten und in Polen. Ebenso betont die Nato nochmals ihr Zwei-Prozent-Ziel und beteuert ihren Willen, sich gegen Gefahren aller Art zu wappnen.

Unter anderem will die Nato die Zahl ihrer Hauptquartiere wieder erhöhen. Von 24 Hauptquartieren, die das Bündnis 1990 noch betrieb, sind inzwischen noch sieben übrig. Die Personalstärke in diesen Hauptquartieren sank nach Angaben aus dem Verteidigungsministerium von einst rund 24 000 auf noch etwa 7000. Jetzt könnte der Raum Köln/Bonn von Nato-Plänen profitieren, das Bündnis gegen neue Gefahren und Aggressionen aufzurüsten. Demnach laufen bei der Nato Überlegungen, ein neues Planungs- und Führungszentrum für schnelle Truppen- und Materialtransporte aufzubauen. Als möglicher Standort für ein solches neues Nato-Hauptquartier ist der Raum Köln/Bonn im Gespräch. Ein zweites neues Hauptquartier soll in den USA aufgebaut werden.

Das Verteidigungsministerium teilte auf GA-Anfrage dazu mit, die Nato passe sich ständig dem sicherheitspolitischen globalen Umfeld an. Die mögliche Einrichtung eines solchen Nato-Einsatzunterstützungskommandos sei „Teil der laufenden Anpassung der Nato“. Und: „Deutschland ist mit Blick auf seine Kompetenzen, seine Anerkennung im Bündnis sowie seine zentrale geografische Lage eine der Nationen, die für die Aufstellung und für den Betrieb dieses Kommandos grundsätzlich in Frage kommen.“

Aus dem Verteidigungsministerium in Berlin verlautete weiter, der Raum Köln/Bonn sei als ein Standort „naheliegend“, weil in Bonn bereits die Streitkräftebasis (SKB) wie auch das Streitkräfteamt der Bundeswehr ihren Sitz hätten. Eine Besonderheit des neuen Nato-Hauptquartiers in Deutschland soll nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur sein, dass es nicht in die bestehende Nato-Kommandostruktur integriert werde. Nach Angaben aus Nato-Kreisen könnten damit im Raum Köln/Bonn mehrere Hundert neue Dienstposten geschaffen werden.

Bei ihrem Gipfel im Sommer 2016 in Warschau hatte die Nato noch beschlossen: „Die Bündnispartner investieren erhebliche Ressourcen in die Vorbereitung ihrer Streitkräfte, Fähigkeiten und Infrastruktur auf die Maßnahmen des Bündnisses und auf von Bündnispartnern durchgeführte Operationen, die zu unserer kollektiven Sicherheit beitragen. (...) Die Anstrengungen hin zu einer ausgewogeneren Aufteilung von Kosten und Aufgaben werden fortgesetzt. Die Verteidigungsminister werden die Fortschritte weiter jährlich prüfen.“

Kommende Woche werden die Nato-Verteidigungsminister bei ihren Treffen in Brüssel dazu wieder Gelegenheit haben. Dann könnte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) auch einen Standort in Deutschland für das neue Nato-Hauptquartier dem Bündnis vorschlagen.

Die Reaktion der Nato auf die im Bündnis als aggressiv empfundene Politik Russlands kommentierte der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, am Donnerstag in Berlin mit einem Verweis auf das Kräfteverhältnis zwischen der Nato und Russland: „Im Falle eines Konfliktes wäre der Westen massiv unterlegen.“ Nur bei den Kampfflugzeugen gebe es derzeit eine Überlegenheit der Nato gegenüber Russland. Ischinger sagte weiter: „Wir stehen leider nicht nur vor der Gefahr eines Rüstungswettlaufes, sondern wir sind mittendrin.“

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