Erinnerungen an die Bonner Jahre Wolfgang Schäuble feiert seinen 80. Geburtstag

Berlin · Er hat die Politik Deutschlands maßgeblich mitgeprägt: von der Wiedervereinigung bis zur Überwindung der Finanzkrise. Am Sonntag feiert Wolfgang Schäuble seinen 80. Geburtstag. Seine Rede zum Hauptstadtbeschluss bleibt in Bonn in Erinnerung.

Seit 1972 ist er Mitglied des Bundestags: Wolfgang Schäuble (CDU) feiert an diesem Sonntag seinen 80. Geburtstag.

Seit 1972 ist er Mitglied des Bundestags: Wolfgang Schäuble (CDU) feiert an diesem Sonntag seinen 80. Geburtstag.

Foto: picture alliance/dpa/Kay Nietfeld

Ans Aufhören denkt Wolfgang Schäuble noch lange nicht. Wenn er an diesem Sonntag seinen 80. Geburtstag feiert, wird der CDU-Politprofi bei einem Festakt in seinem badischen Wahlkreis Offenburg sicher klarmachen, dass er keineswegs erwägt, sein Mandat vorzeitig niederzulegen. Auch wenn er – der mit Abstand dienstälteste Abgeordnete – dem Bundestag in diesem Dezember seit nunmehr 50 Jahren ununterbrochen angehören wird.

Vielen Bonnerinnen und Bonnern dürfte Schäubles Rede zum Hauptstadtbeschluss in Erinnerung geblieben sein. Schon seit Wochen war über Berlin als neue Hauptstadt debattiert worden, ein klares Ergebnis für die Abstimmung nicht in Sicht. In einer emotionalen Rede im Parlament, das am 20. Juni 1991 im Bonner Wasserwerk zusammenkam, sagte Schäuble unter anderem: „Für mich ist es nicht ein Wettkampf zwischen zwei Städten. Bei allem Respekt, es geht doch nicht um Arbeitsplätze, Umzugs- oder Reisekosten, um Regional- oder Strukturpolitik. In Wahrheit geht es um die Zukunft Deutschlands.“ Er betonte: „Das Symbol für Einheit und Freiheit, für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit für das ganze Deutschland war, wie keine andere Stadt, immer Berlin.“ Mit diesen Worten soll er Unentschlossene überzeugt haben. Nach einer fast zwölf Stunden langen Debatte wurde der Umzug von Parlament und Regierung mit 338 zu 320 Stimmen beschlossen.

„Ich kann die Alten nicht leiden, die sich ständig einmischen“

Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) Annette Kurschus gratulierte Schäuble gegenüber der Nachrichtenagentur epd zum 80. Geburtstag und lobte dabei seine damalige Rede: „Der Einigungsvertrag trägt Ihre Handschrift. Den Umzug des Bundestages und der Bundesregierung von Bonn nach Berlin hätte es ohne Ihre große Rede dazu möglicherweise nicht gegeben.“

Seine letzte große Rede im Parlament in Berlin hat Schäuble am 26. Oktober vergangenen Jahres gehalten, bei seinem Abschied als Bundestagspräsident. Seither ist er ein Abgeordneter, der als „Elder Statesman“ seine lange politische Laufbahn ausklingen lässt. Der nach eigenem Bekunden versucht, seinen Rat nur dann zu geben, wenn er gefragt werde. Denn er „kann die Alten nicht leiden, die sich ständig einmischen“, wie Schäuble jüngst in einem Interview der „Süddeutschen Zeitung“ sagte. Der CDU-Mann gilt als leidenschaftlicher Parlamentarier. Wenn man ihn fragen würde, welcher Job ihm in seinem Politikerleben am meisten Spaß gemacht hat, dann wohl die Zeit als Unionsfraktionschef. Und seine Rolle bei der Wiedervereinigung.

Schäuble diente den Regierungen Helmut Kohl und Angela Merkel (beide CDU). Mit Kohl kam es zum Bruch, als Schäuble in den Turbulenzen der CDU-Spendenaffäre und nach seinen Aussagen im Bundestag zu einer 100 000-Mark-Barspende Anfang 2000 als CDU-Chef weichen musste. Merkel übernahm den Parteivorsitz. Als sie 2005 Kanzlerin wurde, machte sie Schäuble zum Innenminister, vier Jahre später zum Finanzminister.

Seine wohl größte Enttäuschung: Wie schon Vorgänger Norbert Lammert (CDU) scheiterte Schäuble mit dem Versuch einer Wahlrechtsreform, um den Bundestag zu verkleinern. Als Parlamentspräsident verabschiedete sich Schäuble deutlich: „In der Demokratie gibt es sowieso nicht die eine richtige Entscheidung, und genau damit müssen wir umgehen.“

Trotz einiger Enttäuschungen für den Beinahe-Kanzler und Fast-Bundespräsidenten: Politik ist für Schäuble, den Viel-Leser und begeisterten Handbike-Fahrer, Leben. Er will nicht aufhören, das wissen auch seine Frau und seine vier Kinder nur zu gut. Zu sagen gäbe es angesichts der Krisen viel. Doch in der Öffentlichkeit macht sich Schäuble rar. Wobei er mit dem „Gewöhnungs- und Entwöhnungsprozess“ nach eigener Aussage klarkommt.

Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gratulierte dem früheren Bundesminister am Freitag und würdigte ihn als „großen demokratischen Patrioten“ und „visionären Politiker, der stets das Wesentliche im Blick hat“. Das Ziel der Einheit Deutschlands habe er ebenso beharrlich verfolgt wie den Bau des Hauses Europa.

(smn/dpa)
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