Vor Weltklimakonferenz Braunkohlegegner dringen in Tagebau Hambach ein

Kerpen · Schluss mit der Kohle, fordern Tausende Demonstranten im Vorfeld der Klimakonferenz. In Bonn gehen sie dafür auf die Straße, im Rheinischen Revier starten Aktivisten eine gefährliche Aktion.

 Teilnehmer einer Demonstration des Aktionsbündnisses Ende Gelände dringen am 05.11.2017 in Kerpen (Nordrhein-Westfalen) in den Tagebau Hambach ein.

Teilnehmer einer Demonstration des Aktionsbündnisses Ende Gelände dringen am 05.11.2017 in Kerpen (Nordrhein-Westfalen) in den Tagebau Hambach ein.

Foto: dpa

Die Anti-Braunkohle-Demonstration endet auf dem Feld. Ein Pulk löst sich aus der Masse, beginnt zu laufen, über die weite Fläche dem Krater vom Braunkohletagebau Hambach entgegen. Dort, wo eigentlich am Sonntag die Abschlusskundgebung sein sollte, ruft eine Frau ins Mikrofon: „What do you want?“ (Was wollt Ihr?) Andere skandieren „Ende Gelände“, während sich der nächste Pulk in Richtung Tagebaukante löst. Einige Aktivisten tragen rote Fahnen, die Frau am Mikrofon wünscht ihnen auf Englisch viel Glück.

An der Tagebaukante zieht die Polizei auf. Es kommt zu Rangeleien. Polizisten setzen Pfefferspray ein. Der nächste Pulk ist unterwegs - zu Hunderten strömen die Menschen in den riesigen Krater, den gefährlichen Steilhang hinab. Ein Demonstrant wird festgenommen, ansonsten sei es aber weitgehend friedlich geblieben, teilt die Polizei später mit.

Im Vorfeld der Weltklimakonferenz in Bonn demonstrieren die Umweltaktivisten von Ende Gelände am Tagebau Hambach für den sofortigen Kohleausstieg. Die Verstromung von Braunkohle gilt als mit Abstand klimaschädlichste Form der Stromgewinnung und als wesentlich mitverantwortlich für ein mögliches Verfehlen der deutschen Klimaziele.

Nicht nur Symbole, sondern auch Fakten

Der Energieversorgungskonzern RWE stellt dagegen fest: „In der öffentlichen Debatte über Energiepolitik und Klimaschutz sollte es nicht nur um Symbole, sondern auch um Fakten gehen.“ Das Unternehmen werde bis 2030 bis zu 50 Prozent seiner CO2-Emissionen reduzieren.

Dass Aktivisten in den Tagebau eindrangen, kam für die Polizei nicht überraschend: Bei 32 Kilometer Abbruchkante sei es unmöglich, das zu verhindern, sagte Polizeisprecher Paul Kemen. Den Aktivisten drohten Strafverfahren wegen Hausfriedensbruchs. „Wenn die Gesetze die Zerstörung von Lebensgrundlagen schützen, dann müssen wir uns über sie hinwegsetzen“, stellt eine Sprecherin von Ende Gelände fest.

Ein kurz vor der am Montag beginnenden Weltklimakonferenz veröffentlichter Klimareport von 13 US-Behörden kommt zu dem Schluss, dass die globale Erwärmung zum weitaus größten Teil von Menschenhand verursacht werde. Die Autoren warnen zudem vor einem möglichen Anstieg der Meeresspiegel um bis zu gut 2,40 Meter bis zum Jahr 2100.

Aktivisten aus dem Südpazifik

Aus genau diesem Grund sind sogar Aktivisten aus dem Südpazifik ins Rheinische Revier gekommen, um sich solidarisch zu zeigen mit den Umweltschützern. Der Südpazifik gehört zu den Regionen, die vom angesichts des Klimawandels steigenden Meeresspiegel am stärksten betroffen sind. Die Regentropfen seien die Tränen der geschundenen und missbrauchten Erde, sagt einer von ihnen in strömendem Regen. Die „Pacific Climate Warriors“ wollen der Welt nächste Woche bei der Klimakonferenz in Bonn erzählen, was es für sie bedeute, wenn der Meeresspiegel weiter steige.

Ein Tags zuvor hatten schon Tausende in Bonn für den Kohleausstieg demonstriert - friedlich. Sie zogen unter blauem Himmel aus der Innenstadt ins ehemalige Bundesviertel, das sich zum UN-Campus gewandelt hat. Dort findet nun die Weltklimakonferenz statt, zu der etwa 25 000 Menschen anreisen. Die Demonstranten schwenkten Transparente mit Aufschriften wie „Klimakiller=Menschenkiller=RWE“ oder „Trump: Climate Genocide“ (Trump: Klima Genozid).

Zu den Blickfängern gehörte eine große Erdkugel von Greenpeace, auf der Kohlekraftwerke eine dunkelgraue Wolke mit dem Gesicht von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ausstießen. Darunter stand die Forderung: „Raus aus der Kohle, Frau Merkel!“ Viel Aufmerksamkeit erregte auch eine Nachbildung der amerikanischen Freiheitsstatue mit rauchender Fackel und der Forderung nach „Freedom to pollute“ (Freiheit zum Verschmutzen).

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