Diesel-Fahrverbote Bund gibt noch mehr Geld für saubere Luft

BERLIN · Auf einem weiteren Diesel-Gipfel wird vereinbart: Der Bund macht die Staatsschatulle nochmals auf. Gut 430 Millionen Euro gibt es allein für die Umrüstung von Handwerker-Fahrzeugen zusätzlich.

Mit Hochdruck. Mit Nachdruck. Mit Eindruck. Der Bund, die Länder und die Kommunen klopfen sich an diesem Montag auf die Schulter, gegenseitig und auf die eigene. Die Botschaft dieses weiteren Diesel-Gipfels im Kanzleramt: Es gibt nochmal mehr Geld für saubere Luft in den Städten – aus der Staatsschatulle, nicht von der Autoindustrie.

Fast eine Milliarde Euro packt der Bund drauf auf die ohnehin bereits beschlossene eine Milliarde Euro für das „Sofortprogramm Saubere Luft“ in deutschen Kommunen. Gut 430 Millionen Euro gibt es zusätzlich für die Umrüstung von Handwerker-Fahrzeugen, damit Elektriker, Fliesenleger oder Heizungsbauer mit ihrer gegenwärtigen Flotte weiter in deutsche Innenstädte einfahren können. Darüber hinaus stockt der Bund das Programm um weitere 500 Millionen Euro auf, um Fahrverbote in Innenstädten möglichst zu vermeiden.

Am Ende geben sich alle irgendwie zufrieden. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) rückt nachher die Verhältnisse zurecht. Kein Grund zur Panik. So schlecht sei die Luft in deutschen Städten ja nicht, jedenfalls in den meisten. 249 Städte blieben ohnehin unter dem Grenzwert von 40 Mikrogramm Stickoxid pro Kubikmeter Luft. Von jenen 65 Städten, die diesen Stockoxid-Grenzwert überschritten, lägen 50 Städte in der Zone zwischen 40 und 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Dazu zählt auch Bonn. Wirklich problematisch seien lediglich jene 15 „Intensivstädte“, in denen der erlaubte Stickoxidgrenzwert über 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft liege, darunter Düsseldorf und Köln.

Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), dem Kritiker vorwerfen, er gehe erheblich zu milde und zu nachsichtig mit der deutschen Autoindustrie um, betont, noch in diesem Jahr werde sein Ministerium die technische Vorschrift für anstehende Hardware-nachrüstungen an älteren Dieselfahrzeugen auf den Weg bringen. Die Autobauer könnten dann früh im neuen Jahr mit der Entwicklung jener Bauteile, in aller Regel Katalysatoren, beginnen, die den Stickstoffausstoß reduzieren sollen. Danach müssten die Bauteile dann noch vom Kraftfahrzeugbundesamt genehmigt werden. Mit dem Einbau könne dann aller Voraussicht nach im ersten Quartal 2020 begonnen werden.

Für die Länder betonte Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher: „Wir sind in einem Wettlauf gegen die Zeit.“ Sein Appell an die Autoindustrie ist unmissverständlich. „Es wäre sehr schön, wenn sich die Autoindustrie noch energischer beteiligen würde.“ Denn: „Es muss auch ohne Fahrverbote gehen.“

Stuttgarts OB Fritz Kuhn sieht die Hardware-Nachrüstung erst ab 2020 skeptisch. In seiner Stadt müssten bereits ab 2019 Verbesserungen bei den Euro-IV-Diesel erreicht werden, ab 2020 dann auch bei Euro-V-Diesel. Eine automatische Kennzeichenerfassung, wie sie Scheuer einführen möchte, lehnt Kuhn ab. Der Grünen-Politiker favorisiert eine blaue Plakette für saubere Diesel, was für Scheuer einem flächendeckenden Fahrverbot gleichkäme. Eine blaue Plakette hätte eine „diskriminierende Wirkung“, weil nur für einen kleinen Teil des Straßennetzes bestimmter Städte die Auflagen der Gerichte gelten würden.

Der Verkehrsminister setzt bei der Kontrolle von Dieselfahrzeugen auf nicht fest installierte Kameraerfassung. Kuhn jedenfalls will in Stuttgart den ruhenden Verkehr, also geparkte Autos, vom Ordnungsamt kontrollieren lassen, den rollenden Verkehr übernehme die Polizei – sofern sie dafür Personal habe. Aachens OB Marcel Philipp forderte, die Förderung für saubere Luft in den Städten zu „verstetigen“. Die Programme müssten „weiter gehen“, wenn sie richtig wirken sollten.

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