Afghanistan-Mandat Bundestag verlängert erneut den deutschen Einsatz

Berlin · Es wird also aufgestockt: von 850 auf künftig bis zu 980 Soldatinnen und Soldaten. Ursula von der Leyen ist in der Woche vor der Beratung des Bundestages über eine erneute Verlängerung des Afghanistan-Mandates noch einmal zur Inspektion ausgerückt.

Ins deutsche Lager nach Masar-i-Scharif im afghanischen Norden, zu Gesprächen mit Präsident Aschraf Ghani nach Kabul sowie ins Nachbarland Pakistan, von wo aus immer wieder Taliban und andere Aufständische nach Afghanistan einsickern.

Inzwischen ist nicht nur der deutschen Verteidigungsministerin klar: Der Einsatz in Afghanistan, der nach dem laufenden Mandat eine Beratungs- und Trainingsmission ist, wird noch Jahre dauern. Denn der Abzug, den die Nato 2014 mit dem Ende ihres Kampfeinsatzes unterstrich, ist vorerst gestoppt. Zu deutlich ist nach der zeitweiligen Eroberung der nordafghanischen Stadt Kundus durch die Taliban die Warnung an die internationale Gemeinschaft, dass die afghanischen Regierungstruppen die Sicherheit des Landes eben doch noch nicht allein gewährleisten können.

Am Donnerstag verlängerte der Bundestag mit großer Mehrheit das Mandat für die Nato-geführte Mission "Resolute Support" ("Entschlossene Unterstützung") für weitere zwölf Monate. Die Linke und zahlreiche Grüne stimmten dagegen. Die Verteidigungsexpertin der Linken, Christine Buchholz, hielt der großen Koalition vor: "Sie nennen das Beratung, wir nennen das Beteiligung am Krieg." Grünen-Verteidigungspolitikerin Agnieszka Brugger betonte, weder seien die Taliban in den vergangenen 14 Jahren besiegt worden noch habe der Kampfeinsatz die gesteckten Ziele erreichen können.

Von der Leyen räumte eine Fehleinschätzung der Lage ein. 2015 sei "ein hartes Jahr" für die afghanischen Streitkräfte gewesen. Der Rückzug der internationalen Truppen habe sich auf die Sicherheit des Landes ausgewirkt: "Es hat die afghanischen Regierungstruppen entmutig und die Taliban ermutigt." Die CDU-Politikerin forderte eine "ungeschminkte Lagebeurteilung". Denn: "Der ursprüngliche Plan war zu ehrgeizig, und er war zu schnell." Die Botschaft, dass Deutschland und andere Staaten nun länger mit Soldaten in Afghanistan blieben, sei aber "kein Blankoscheck". Die Regierung in Kabul müsse im Gegenzug auch Reformen umsetzen.

Dabei ist höchst ungewiss, wann die Nato und somit auch deutsche Soldaten afghanischen Boden endgültig verlassen können. Ursprünglich war vorgesehen, dass sich die internationalen Truppen schon im kommenden Jahr in die Hauptstadt Kabul zurückziehen. Die anderen Regionen und Provinzen des Landes sollten dann von afghanischen Truppen kontrolliert werden. Doch mit dem Wiedererstarken der radikal-islamischen Taliban änderte die Nato den eingeschlagenen Kurs.

Jetzt sollen rund 12.000 Soldaten über das ganze Land verteilt bleiben, um einem Rückfall wie die Eroberung von Kundus durch die Taliban vorzubeugen. Deutschland hatte wie viele andere Truppenstellernationen sein Einsatzkontingent schrittweise heruntergefahren und auch mit der Rückverlegung von militärischem Gerät nach Deutschland begonnen. In der Hochphase des Afghanistan-Einsatzes hatte die Bundeswehr in den gefährlichsten Jahren 2010 und 2011 bis zu 5350 Soldatinnen und Soldaten in dem Land am Hindukusch stationiert. Bislang sind dort 55 deutsche Soldaten ums Leben gekommen.

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