Berlin Die CDU steht vor dem Bundesparteitag

Berlin · Parteien Der CDU-Vorstand will die neue Parteispitze im Dezember unter strengen Corona-Maßnahmen wählen lassen. Über das Grundsatzprogramm soll später entschieden werden

Hybride CDU-Vorstandsitzung: (von links) Generalsekretär Paul Ziemiak, Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer und Kanzlerin Angela Merkel sind physisch anwesend, die anderen Teilnehmer digital zugeschaltet.

Hybride CDU-Vorstandsitzung: (von links) Generalsekretär Paul Ziemiak, Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer und Kanzlerin Angela Merkel sind physisch anwesend, die anderen Teilnehmer digital zugeschaltet.

Foto: dpa/Michael Kappeler

. Es könnte viel Alarm geben beim CDU-Parteitag im Dezember. Er soll trotz Corona-Pandemie stattfinden, beschloss der Bundesvorstand am Montag. Allerdings nur eintägig und ohne Programmdebatte. Hauptsache: Die 1001 Delegierten wählen einen neuen Vorsitzenden, damit die Hängepartie und das Führungsvakuum in der Partei ein Ende haben und ein neues Team in das Bundestagswahljahr starten kann. Ein strenges Hygienekonzept soll den Kongress in Stuttgart zwei Tage vor Nikolaus absichern. Alle Teilnehmer müssen die Corona-Warn-App herunterladen, es wird Fieber gemessen und jeder hat einen festen Sitzplatz – und ein programmiertes Band am Körper, das Alarm schlägt, wenn der Abstand von 1,5 Metern zum nächsten Delegierten unterschritten wird.

Weder Laschet noch Merz noch Röttgen ziehen Kandidatur zurück

Da weder NRW-Ministerpräsident Armin Laschet noch Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz oder der CDU-Außenexperte Norbert Röttgen ihre Kandidatur zurückziehen wollen, wird mit einem knappen Ergebnis gerechnet. Dann dürften sich die Anhänger des Siegers in die Arme fallen und die des Verlierers Trost suchen wollen – Alarm programmiert.

Über das neue Grundsatzprogramm und die Einführung der Frauenquote in der CDU muss ein anderer Parteitag entscheiden. Dies könnte die größte Errungenschaft in Annegret Kramp-Karrenbauers kurzen Amtszeit als Vorsitzende werden: eine 50-Prozent-Frauenquote in der Partei. Deren Einführung hat der Bundesvorstand am Montag so unterstützt, wie es die Struktur- und Satzungskommission unter Mühen vorgeschlagen hat. Danach soll bis 2025, beginnend bei Vorstandswahlen auf Kreisebene, schrittweise eine Frauenquote bis 50 Prozent eingeführt werden. Der Vorschlag umfasst auch eine 50-Prozent-Quote für die ersten zehn Listenplätze bei Landtags-, Bundestags- und Europa-Wahlen.

Nur, Kramp-Karrenbauer wird diese Quote nicht mehr als Parteichefin vor Delegierten verteidigen und einen Parteitagsbeschluss erkämpfen. Das muss einer der Männer machen, die im Dezember von ihr den CDU-Vorsitz übernehmen wollen. Werden die drei auch die Marschroute zum Grundsatzprogramm, an dem keiner von ihnen mitgearbeitet hat, mittragen? Das ist eine weitere Frage. Generalsekretär Paul Ziemiak sagt: „Der nächste Bundesvorstand muss das auch mal zur Kenntnis nehmen.“ Es ist noch das maßgebliche Werk von ihm und Kramp-Karrenbauer. Doch der nächste Vorsitzende dürfte seinen eigenen Kurs fahren wollen.

Röttgen stellt sich hinter Frauenquote

und Grundsatzprogramm

Röttgen stellt sich das zumindest schon jetzt etwas anders vor. „Die Hinterlassenschaft von Grundsatzprogramm und Frauenquote sind für mich kein Problem. Ich würde das so zu meinem Programm machen“, sagte er unserer Redaktion. „Nur: Beim Grundsatzprogramm müssen wir noch einmal voll einsteigen, weil die Corona-Pandemie und die Konsequenzen und Folgen in diesem Entwurf noch gar nicht wirklich thematisiert wurden. Die in der Corona-Krise zu Tage geförderten Defizite müssen wir für eine Modernisierung des Landes nutzen.“ Das heißt, Röttgen lehnt die bisherigen Aussagen des Grundsatzprogramms nicht ab, würde sie zu seinem Programm machen und dann einen ganz eigenen Schwerpunkt setzen. Die 2020er Jahre würden ein entscheidendes Jahrzehnt, sagt er. Es gehe um Zusammenhalt der Gesellschaft, technologische Wettbewerbsfähigkeit, Deutschlands Verhältnis zu den USA und China. „Da ist noch viel Arbeit und Sachverstand gefordert, bis das neue Grundsatzprogramm steht.“

Wie soll es einen digitalen Vergleich der Kandidaten geben?

Und etwas anderes stört ihn noch am amtierenden CDU-Vorstand: „Noch gar nicht klar ist, wie denn der Wettbewerb der drei Kandidaten vor dem Parteitag organisiert werden soll. Wird es noch einen direkten, womöglich digitalen, Vergleich geben, wie es 2018 bei den Regionalkonferenzen live möglich war?“ Dazu hat sich der Vorstand noch gar nicht geäußert. „Dies zu organisieren, liegt aber in seiner Verantwortung.“ Merz ist vor allem froh, dass der Parteitag stattfindet. „Die Delegierten müssen noch in diesem Jahr entscheiden, wer das Team führen soll“, sagte er unserer Redaktion.

Zu tun gibt es viel. Bei der NRW-Kommunalwahl hat die CDU zum Beispiel so schlecht abgeschnitten wie nie, ist aber gemessen an den Erwartungen oben auf und stärkste Kraft im Bundesland. Das lässt Laschet hoffen, Parteichef zu werden. Und dann vielleicht auch Kanzlerkandidat. Er verbucht für sich „Rückenwind für den Kurs der Mitte“. Das ist Merkels Kurs.

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