Alle Infos im Überblick Corona-Auffrischimpfung in NRW – was Sie jetzt wissen müssen

Nordrhein-Westfalen · Damit der Impfschutz gegen das Coronavirus weiterhin hoch bleibt, sollen manche Menschen in Nordrhein-Westfalen eine Auffrischungsimpfung erhalten. Wer kann sich wann und wo erneut impfen lassen?

 Ab September können bestimmte Gruppen eine Auffrischungsimpfung erhalten.

Ab September können bestimmte Gruppen eine Auffrischungsimpfung erhalten.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Im September laufen in Deutschland flächendeckend die Auffrischungsimpfungen für bestimmte Gruppen an. Darauf einigte sich die Gesundheitsministerkonferenz. Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Wer bekommt eine Auffrischungsimpfung in NRW?

Das betrifft zum Beispiel Menschen über 80 Jahre, Personen mit Immunschwäche oder bestimmten Vorerkrankungen. Doch nicht nur sie können sich eine weitere Impfung gegen das Coronavirus holen.

Auch wer bei der ersten Impfserie einen Vektor-Impfstoff von Astrazeneca (zweimal bzw. nach überstandener Infektion einmal) oder von Johnson&Johnson (einmal) erhalten hat, kann sich in NRW schon eine Auffrischung abholen. Andere Bundesländer regeln dies unterschiedlich.

Wer führt die Auffrischungsimpfung durch?

In Nordrhein-Westfalen werden die Corona-Auffrischungsimpfungen von niedergelassenen Ärzten durchgeführt. Nur wenn einzelne Einrichtungen keinen Arzt zur Durchführung der Impfungen gewinnen können, sollen sich Impfwillige laut NRW-Gesundheitsministerium an das örtliche Impfzentrum wenden. Die Impfzentren laufen jedoch im September aus. Ab Oktober impfen nur noch niedergelassene Ärzte.

Ab wann werden Auffrischungsimpfungen durchgeführt?

Laut Kassenärztlicher Vereinigung (KV) Nordrhein soll der Anspruch auf eine Auffrischungsimpfung ab dem 1. September eingeführt werden. Voraussetzung ist, dass die letzte Impfserie sechs Monate zurückliegt. Es gibt keine zeitlichen Vorgaben, bis wann die Drittimpfungen abgeschlossen sein sollen, da „das Risiko eines schweren Verlaufs auch in den vulnerablen Gruppen für Geimpfte bei Weitem nicht so hoch ist wie für Ungeimpfte“, schreibt die KV.

Gibt es eine Zulassung für die Auffrischungsimpfung?

Die Kassenärztliche Vereinigung schreibt, dass die Drittimpfung laut Bundesgesundheitsministerium „nicht außerhalb der Zulassung“ erfolgt. Eventuelle Versorgungsansprüche der Geimpften an den Staat im Falle von sehr seltenen Impfschäden bleiben unberührt.

Warum wird Risikogruppen die Impfung nahegelegt?

Weil diese Menschen mit der ersten Impfserie häufig keine oder eine nur vergleichsweise geringe Immunität aufgebaut haben. Zum Beispiel betrifft das Personen mit geschwächtem Immunsystem, etwa in Folge einer Organtransplantation. „Da wissen wir, dass ihr Körper zum Teil gar nicht auf die beiden Impfungen reagiert hat. Der muss mitunter erst mal dahin gebracht werden, dass sich überhaupt Antikörper entwickeln“, sagt Prof. Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie. Womöglich brauchen sie dafür sogar nicht nur eine dritte, sondern auch noch eine vierte Impfung.

Wobei es etwa bei einer Chemotherapie auch Sinn ergeben könne, zunächst das Ende der Therapie abzuwarten, weil die bei der Chemo verabreichten Wirkstoffe womöglich auch die in Folge der Impfung gebildeten Immunzellen direkt zerstören, begründet Watzl.

Wieso sollten Menschen über 80 eine Auffrischung der Corona-Impfung bekommen?

Unter den hochbetagten Menschen habe ein Großteil zwar auf die Corona-Impfungen reagiert, sagt Watzl, aber eben weniger stark als Jüngere. Das bedeutet, dass ihr durch die Corona-Impfung aufgebauter Immunschutz gegen das Virus im Vergleich oft weniger gut ist. Und er nimmt mit der Zeit ab - und zwar scheinbar schneller als bei Jüngeren, so Watzl.

„Die Auffrischungsimpfung bei älteren Menschen ist sehr sinnvoll: Gerade die über 80-Jährigen sowie Menschen mit einem geschwächten Immunsystem - zum Beispiel Rheuma- oder Dialysepatienten - haben eine deutlich schlechtere Immunantwort im Vergleich zu jüngeren Menschen“, sagt auch Anja Kwetkar. Sie ist Direktorin der Klinik für Geriatrie am Uniklinikum Jena und Leiterin der Arbeitsgruppe Impfen der deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG).

„Diese Abwehrkräfte können durch die zusätzliche Impfung gestärkt werden. Das sind unsere Erfahrungen auch bei anderen Impfungen“, so die Expertin. Kwetkars Rat: Liegt bei den von ihr genannten Personen die Impfung länger als sechs Monate zurück, sollten sie sich direkt beim Hausarzt melden, um mit ihm einen möglichen Impftermin ab September zu vereinbaren.

Warum werden die Auffrischungen gerade jetzt großflächig angeboten?

Da viele Ältere, Immungeschwächte und Menschen mit Vorerkrankungen Anfang dieses Jahres als erste geimpft wurden, sei es wichtig, dass man bei ihnen jetzt auffrischt, erklärt Watzl. Gerade angesichts steigender Infektionszahlen sollten diese Risikogruppen für den Herbst und Winter gut geschützt sein.

Zu bedenken ist: Zwar ist bei sogenannten Durchbruchs-Infektionen, also wenn Geimpfte sich anstecken, die Gefahr schwerer Verläufe auch für Risikogruppen geringer - sie besteht aber. Und sie steigt, je weniger gut der durch die Impfung aufgebaute Schutz im Körper ist.

Außerdem sind Langzeitfolgen wie Long Covid aktuell nicht auszuschließen. Zudem besteht das Risiko zwar vielleicht selbst nicht schwer zu erkranken, aber andere womöglich ebenfalls gefährdete Menschen anzustecken, mit womöglich fatalen Folgen.

Ist eine Auffrischung der Corona-Impfung für alle sinnvoll?

Eine dritte Impfung für alle mit sechs bis acht Monaten Abstand zur vorherigen Impfserie, ergebe aus immunologischer Sicht absolut Sinn, sagt Watzl. Grund: Das Immunsystem ist in der Lage, die Immunantwort zu verbessern, wenn es immer wieder auf den gleichen Erreger trifft.

Das heißt: „Die Antikörper werden nicht nur verstärkt gebildet, sie passen sich auch besser an den Erreger an.“ Außerdem bildeten sich mehr sogenannte Gedächtniszellen, so Watzl. Diese Zellen merken sich quasi den Erreger und sorgen dafür, dass der Körper rasch wieder mit der Bildung von Antikörpern startet, sobald sie dem Erreger begegnen.

Warum bekommen dann nicht alle eine Auffrischung angeboten?

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erwägt das - in einem zweiten Schritt, nachdem also etwa die Risikogruppen damit versorgt sind. Doch neben der Logistik spielen auch ethische Überlegungen eine Rolle: Ist es vertretbar, immungesunden Mittdreißigern, die schon vollständig geimpft sind, in Deutschland eine Auffrischung zu geben, während in anderen, ärmeren Ländern viele Ältere, Geschwächte und Mediziner noch ungeschützt sind?

Warum wird nur mRNA-Impfstoff für die Auffrischung genommen?

Erst eine Spritze mit dem Vektor-Impfstoff von Astrazeneca, dann eine Spritze mit einem mRNA-Impfstoff zum Beispiel von Biontech/Pfizer: Diese Kombination bei der ersten Impfserie war laut Watzl mit Blick auf die Schutzwirkung bisher am erfolgreichsten.

Das hängt vereinfacht gesagt damit zusammen, dass das Immunsystem auf unterschiedliche Arten eine Immunität gegen das Virus aufbauen kann und die verschiedenen Impfstoffe hier in jeweils verschiedenen Bereichen besser oder schlechter wirken.

Vereinfacht gesagt legt der Vektor-Impfstoff eine Grundlage, auf der der mRNA-Impfstoff die Immunabwehr noch mehr stärkt. Das funktioniert aber nur in dieser Reihenfolge und nicht umgekehrt, sagt Watzl. Wer also schon zweimal mit einem mRNA-Impfstoff geimpft wurde, dem würde eine dritte Impfung mit einem Vektor-Impfstoff nicht so viel bringen wie eine dritte mRNA-Impfung.

Wer hingegen bisher nur zweimal den Impfstoff von Astrazeneca- oder einmal jenen von Johnson&Johnson bekommen hat, erhält durch die dritte Impfung mit dem mRNA-Impfstoff laut Immunologe Watzl „wahrscheinlich einen tollen Schutz“.

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(dpa)
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