Gebauer appelliert an Eltern Schüler in NRW kehren im Wechselmodus in Klassen zurück

Düsseldorf · Trotz steigender Corona-Zahlen dürfen alle Schüler abwechselnd wieder zurück in die Klassen kommen. Ab Montag gilt Distanz-Präsenz-Wechselmodus. Die Schulministerin richtet einen Appell an die Eltern.

 Die Schüler in Nordrhein-Westfalen sollen von kommenden Montag an wieder in die Klassenzimmer zurückkehren dürfen - in einem Wechselmodell.

Die Schüler in Nordrhein-Westfalen sollen von kommenden Montag an wieder in die Klassenzimmer zurückkehren dürfen - in einem Wechselmodell.

Foto: dpa/Marcel Kusch

Die Schüler in Nordrhein-Westfalen sollen ab nächsten Montag wieder wechselweise in die Klassenzimmer zurückkommen. Es sei verantwortbar, zu einem Wechselmodell aus Distanz- und Präsenzunterricht zurückzukehren, sagte Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) am Mittwoch in Düsseldorf. Es werde ab der kommenden Woche umgesetzt in den Kreisen und kreisfreien Städten, in denen die Zahl der Corona-Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche unter 200 Fällen liege.

In der laufenden Woche lernen die meisten der landesweit 2,5 Millionen Schüler wegen steigender Corona-Zahlen im Distanzunterricht - mit Ausnahme der Abschlussklassen. Zudem ist derzeit Notbetreuung für die Klassen eins bis sechs an Grund- und Förderschulen vorgesehen. Von diesem Homeschooling-Modus kehrt NRW vom Prinzip her wieder zu dem Modell zurück, das vor den Osterferien praktiziert worden war.

Im Präsenzbetrieb gelte eine Pflicht zum Selbsttest für die Schüler - zweimal pro Woche, betonte Gebauer. Das schaffe Sicherheit. Mit dem Wechsel aus Distanz- und Präsenzunterricht gebe man Kindern und Jugendlichen „ein Stück schulischer Normalität zurück“. Das Modell solle „für eine längere Zeit“ gelten und sei derzeit die „beste Option“. Schüler bräuchten Begegnung und soziale Kontakte, aber auch pädagogische Betreuung.

Am Mittwoch lag die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen (Inzidenz) laut Robert Koch-Institut in NRW bei 148,4. In sechs Städten und Kreisen lag diese Kennziffer über 200. Nach der aktuellen „Woche der Vorsicht“ werde man auch ab nächstem Montag vorsichtig bleiben und zugleich „Gesundheitsschutz und Bildungsauftrag in Einklang bringen“, sagte Gebauer. Bei den Abschlussjahrgängen bleibe es bei der aktuellen Regelung.

Deutlich appellierte Gebauer an die Eltern: „Lassen Sie Ihr Kind an den Testungen in den Schulen teilnehmen!“ Wenn Kinder oder Jugendliche den Test verweigerten, könnten sie an dem Tag nicht am Unterricht teilnehmen und hätten auch keinen Anspruch auf zusätzlichen Distanzunterricht.

Nach früheren Angaben des Schulministeriums wollen sich 10 bis 20 Prozent der Schüler - 250.000 bis 500.000 Kinder und Jugendliche - nicht selbst in der Schule testen. Auch von Eltern- und Lehrerverbänden war Kritik an der Test-Handhabung gekommen. Gebauer zufolge hat das RKI dringend davon abgeraten, die vielfach geforderten Spucktestes in den Schulen einzusetzen.

Die Opposition in NRW hatte die Vermutung geäußert, dass die Schüler nach den Osterferien zurück ins Homeschooling geschickt wurden, weil nicht genügend Tests für die Schulen vorhanden gewesen seien. Die Schulministerin hatte das zurückgewiesen. Auch für die kommende Woche gebe es ausreichend viele Selbsttests. Nach anfänglichen Lieferverzögerungen laufe es planmäßig. Auf die Frage, ob es sicher sei, dass nächste Woche ausreichend Tests für alle Schülerinnen und Schüler zur Verfügung stünden, sagte Gebauer am Mittwoch: „Laut Auskunft des Logistikunternehmens (...) ist das sichergestellt.“

Auch das Schulpersonal muss getestet werden, betonte die Ministerin. Die Impfung der Lehrer sei „in vollem Gang“. Sie habe aber keine Zahlen, wie viele Lehrkräfte der Grund- und Förderschulen bereits immunisiert worden seien. Gebauer sprach sich dafür aus, auch Lehrerinnen und Lehrer an weiterführenden Schulen beim Impfen vorzuziehen, „weil wir natürlich auch darüber den Unterrichtsbetrieb sicherer gestalten können“.

Die Opposition kritisierte Gebauer, allerdings aus unterschiedlichen Gründen. Die SPD begrüßte zwar, dass die Kinder und Jugendlichen ab kommender Woche wieder zur Schule gehen könnten. Es sei aber falsch gewesen, nach den Osterferien wieder in den Distanzunterricht zurückzukehren, meinte der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende im Landtag, Jochen Ott. Der wahre Grund dafür sei nicht das Infektionsgeschehen gewesen, sondern mangelnde Vorbereitung für die Testungen an den Schulen: „Wir hoffen daher sehr, dass die Schulministerin die Lage in den Griff bekommen hat“, so Ott.

Die bildungspolitische Sprecherin der Grünen, Sigrid Beer, bezeichnete es dagegen als „verantwortungslos“, die Schülerinnen und Schüler in der kommenden Woche wieder in den Wechselunterricht zu schicken. „Denn wir galoppieren in Richtung einer 200er Inzidenz“, warnte sie.

Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hält die Entscheidung für nicht nachvollziehbar: Vergangene Woche sei Gebauer noch auf Nummer sicher gegangen, jetzt gehe sie bei steigenden Zahlen ins Risiko. Die Lehrergewerkschaft VBE kritisierte: „Einfach zu sagen, dass die Erfahrungen mit den Testungen gut gewesen sind, gleicht der Vortäuschung falscher Tatsachen.“

(dpa)
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