Distanzunterricht für Schüler ab Montag Land weist Kritik an Entscheidung zurück

Düsseldorf · Nach den Osterferien ist nun doch Homeschooling angesagt - außer für Abschlussjahrgänge. Zur Notbetreuung dürfen Kinder aber in die Schulen kommen. Kritiker fragen die Schulpolitik: Gut ein Jahr Pandemie - und nichts gelernt?

 Für die meisten der 2,5 Millionen Schüler in Nordrhein-Westfalen findet nach den Osterferien kein Unterricht mehr in den Klassenräumen statt.

Für die meisten der 2,5 Millionen Schüler in Nordrhein-Westfalen findet nach den Osterferien kein Unterricht mehr in den Klassenräumen statt.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Das nordrhein-westfälische Schulministerium hat Kritik an der Entscheidung zurückgewiesen, die meisten Schüler ab kommender Woche wieder in den Distanzunterricht zu schicken. Das immer noch unsicher einzuschätzende und schwer zu bewertende Corona-Infektionsgeschehen nach Ostern mit diffusen Infektionsausbrüchen erfordere eine Anpassung des Schulbetriebes, hieß es am Freitag im Ministerium. Zugleich wehrte sich das Ministerium gegen Spekulationen, der Distanzunterricht sei aufgrund mangelnder Testmöglichkeiten in den Schulen angeordnet worden.

Mit Ausnahme der Abschlussklassen beginnt der Unterricht nach den Osterferien am Montag wieder als Homeschooling - zunächst für eine Woche. Das hatte Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) am Donnerstag mitgeteilt. Noch vor den Ferien hatte sie gesagt, die Schüler sollten möglichst im Wechselmodell aus Distanz- und Präsenzlernen bleiben.

Die Corona-Testpflicht gilt ab der kommenden Woche auch für Schüler in der Notbetreuung, stellte das Ministerium klar. Getestet werden müssen demnach Schüler in den Jahrgängen eins bis sechs, die an pädagogischen Betreuungsangeboten der Schulen teilnehmen.

Auch Schüler der Abitur- und Abschlussklassen, die im Präsenzunterricht seien, müssten auf das Virus getestet werden, hieß es weiter. Für den Präsenzbetrieb gibt es ab Montag eine Testpflicht mit zwei Selbsttests pro Woche. Das gilt für Schüler, Lehrer und das weitere Schulpersonal. Im Falle der Schüler bleibe der Testort die Schule, so wie es vor den Ferien angelaufen war. Die Abiturprüfungen beginnen planmäßig am 23. April.

An der kurzfristig am Donnerstag bekanntgegebenen Entscheidung und einem andauernden politischen „Ad-Hoc-Modus“ wurde Kritik laut. SPD-Landtagsfraktionsvize Jochen Ott sprach von einer nicht nachvollziehbaren „plötzlichen Kehrtwende der Schulministerin“. Es dränge sich der Eindruck auf, dass die wahren Hintergründe verschleiert werden sollten. Diese liegen „allem Anschein nach auch in den mangelnden Vorbereitungen für die Testungen an den Schulen“, so Ott. Die Regierung solle auf mobile Testteams an den Schulen setzen und prüfen, ob die Untersuchungen nicht besser extern in den gängigen Bürgerteststellen - wie Apotheken oder Teststationen - erfolgen könnten.

Das Schulministerium wies Vermutungen über mangelnde Testmöglichkeiten erneut zurück. Bereits vor den Osterferien seien an allen weiterführenden Schulen 1,5 Millionen Selbsttests für die ab Montag vorgesehenen Testungen versandt worden. Diese lägen „bereits seit Tagen einsatzbereit vor“ und kämen für die Abschlussklassen ab Montag auch zum Einsatz.

„Schüler, die der Testpflicht nicht nachkommen, können nicht am Präsenzunterricht teilnehmen“, hieß es weiter. Nur bei besonderem Förderbedarf seien Selbsttests zu Hause unter elterlicher Aufsicht denkbar. Einer Blitzumfrage des Ministeriums zufolge wollen bis zu 20 Prozent der Schüler keine Selbsttests machen - das wären 500 000 Kinder und Jugendliche in NRW. Die Auslieferung von mehreren Millionen Selbsttests an die Schulen hatte laut Ministerium verspätet erst am Donnerstag begonnen, das Problem liege beim Logistikunternehmen.

Der Philologen-Verband betonte, dass Schulleitungen, Lehrkräften und Familien weiterhin eine klare Perspektive fehle, was zunehmend an den Nerven zehre. „Nach über einem Jahr Pandemie müssen wir endlich aus dem Ad-Hoc-Modus rauskommen“, forderte die Landesvorsitzende Sabine Mistler. Das Testkonzept überzeuge nicht: „Selbsttests sind nur dann sinnvoll, wenn sie vor dem Betreten des Klassenraums durchgeführt werden.“

Die Co-Vorsitzende der NRW-Grünen, Mona Neubaur, sagte, die Kommunikation in der Pandemie laufe schlecht. Es müsse endlich offen dargelegt werden, wie verlässliche Bildung und Betreuung der Kinder sichergestellt werden könnten, verlangte sie im WDR. „Das muss besser werden.“

„Ein Jahr Pandemie, ein Jahr fehlende Schulkonzepte“, bilanzierte der Verein „Initiative Familie“. Von der versprochenen Priorität für Kinder und Jugendliche sei nichts zu spüren, das Motto „Kitas und Schulen zuerst“ habe man schnell wieder fallen lassen. Es gebe noch immer kein kinderfreundliches Testkonzept. Die Politik habe es in einem Jahr nicht geschafft, die Schulen pandemiesicher zu machen, kritisierte der Verein.

(dpa)
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