Debatte um Abschiebestopp Darf man nach Syrien abschieben?

Berlin · Unionspolitiker wollen eine Neubewertung der Sicherheitslage in dem Bürgerkriegsland erreichen. Anlass der Diskussion ist unter anderem eine mutmaßliche Gruppenvergewaltigung, an der sieben Syrer beteiligt gewesen sein sollen.

Sieben Syrer und ein Deutscher sitzen in Freiburg nach einer mutmaßlichen Gruppenvergewaltigung einer 18-Jährigen in Untersuchungshaft. Der als Haupttäter verdächtigte 22-jährige Syrer wird von der Polizei als Intensivtäter geführt. Körperverletzungen, Verdacht auf eine weitere Vergewaltigung, Drogenbesitz im großen Stil. Dazu posierte er in den sozialen Netzwerken in Kampfmontur mit dem Finger am Abzug eines aufmunitionierten Maschinengewehrs. Majd H. ist nicht der klassische Fall eines Schutzbedürftigen. Eher gehört das Land, das ihm Zuflucht gewährte, vor ihm geschützt. Vor diesem Hintergrund stieß CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer eine neue Debatte über ein Ende des Abschiebestopps nach Syrien an.

„Bestimmte Regionen Syriens könnten in absehbarer Zeit sicher genug sein, um abgelehnte, straffällig gewordene Asylsuchende dorthin abzuschieben“, vermutete Kramp-Karrenbauer. Darin wird sie von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann unterstützt: „Es geht nicht darum, anständige und gut integrierte Syrer abzuschieben“, sagte der CSU-Politiker unserer Redaktion. Er werde sich aber bei der Innenministerkonferenz (IMK) Ende des Monats in Magdeburg dafür einsetzen, syrische Straftäter und Gefährder außer Landes zu bringen, sobald es die Lage erlaube. „Wer solche schweren Straftaten begeht, kann doch nicht ernsthaft erwarten, dass er bei uns Schutz und Hilfe findet“, betont Herrmann. „Solche Leute“ seien ein „Sicherheitsrisiko“.

Seit 2012 scheidet Syrien als Ziel für Rückführungen aus. Auch die von Zehntausenden Rückkehrwilligen genutzten Unterstützungsprogramme für eine freiwillige Heimkehr dürfen für Syrien nicht in Anspruch genommen werden. Allerdings waren Unionspolitiker bereits vor einem Jahr der Auffassung, dass sich die Verhältnisse in einzelnen Landesteilen beruhigt haben. Schon damals wollte Sachsens Innenminister Markus Ulbig die Sicherheitslage in Syrien „neu bewerten lassen“ und je nach Ergebnis den Abschiebestopp Mitte 2018 beenden.

Das war mit der SPD nicht zu machen. Sie bestand auf einer erneuten Verlängerung um ein Jahr, ließ sich aber darauf ein, zur IMK eine aktualisierte Sicherheitseinschätzung der Bundesregierung einzuholen. Doch die zu erstellen, fällt dem Auswärtigen Amt schwer. Es gibt keine deutsche Botschaft in Damaskus, und Teile auch des nicht mehr umkämpften Gebietes sind so schwer zugänglich, dass auch UN-Hilfslieferungen seit Monaten nicht ankommen.

Allerdings haben sich Bund und Länder darauf verständigt, Abschiebungen nach Afghanistan wieder aufzunehmen, obwohl auch von dort immer wieder von schweren Kämpfen und Anschlägen berichtet wird. Auch hier fällt es der Regierung schwer, auf Nachfrage die Regionen zu nennen, die für eine Rückkehr von Flüchtlingen sicher genug sind. Dennoch startete auch in dieser Woche wieder ein Flieger mit 42 Männern an Bord, die nach Auskunft des Bundesinnenministeriums nach drei Kriterien ausgesucht worden waren: Straftäter, Gefährder und so genannte „Identitätstäuscher“, also Afghanen, die unter falschen oder gefälschten Angaben Schutz gesucht hatten. In der Sammelabschiebung mit Personen aus neun Bundesländern waren auch zehn, die direkt aus der Haft kamen.

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