Hälfte der Legislaturperiode Das ist die Halbzeitbilanz der NRW-Landesregierung

Zur Halbzeit der Legislaturperiode steht die schwarz-gelbe Landesregierung in NRW vergleichsweise gut da. Sie profitiert von Anfangserfolgen, der schwachen Opposition und der Prominenz des Ministerpräsidenten.

 Betont die Erfolge seiner Regierug bei der inneren Sicherheit:  NRW-Ministerpräsident Armin Laschet.

Betont die Erfolge seiner Regierug bei der inneren Sicherheit:  NRW-Ministerpräsident Armin Laschet.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

In der Defensive ist die schwarz-gelbe Landesregierung zur Mitte der Legislaturperiode nicht. Die Opposition will von ihr zwar mehr Klimaschutz, Busse, Bahnen und Grundschullehrer – aber welche Opposition wollte das nicht? Während die rot-grüne Vorgängerregierung zur Mitte ihrer Amtszeit längst mit verfassungsgerichtlichen Haushaltsverboten, der roten Laterne im bundesweiten Wachstumsvergleich und Rekordzahlen bei Wohnungseinbrüchen zu kämpfen hatte, steht Schwarz-Gelb vergleichsweise stabil da. 54 Prozent aller Wähler in NRW sind mit der Arbeit von Laschet zufrieden, wie vor wenigen Tagen eine repräsentative infratest-Umfrage ergab. Dafür gibt es im Wesentlichen drei Gründe.

ERSTENS

Schwarz-Gelb macht einen passablen Job. „Ich würde die Schulnote voll befriedigend geben“, sagt der Düsseldorfer Politikwissenschaftler Ulrich von Alemann. Natürlich gibt es auch an dieser Landesregierung einiges zu kritisieren. Zum Beispiel, dass es ihr trotz jährlich wachsender Rekordsteuereinnahmen nicht gelingt, Schulden zu tilgen. Oder dass sie ihr Wahlversprechen, Immobilienkäufer bei der Grunderwerbsteuer zu entlasten, noch immer nicht eingelöst hat. Zu kritisieren ist auch die anhaltende Wohnungsnot in den Ballungsräumen und das Ausbleiben eines Konzeptes gegen die Überschuldung vieler Kommunen.

Aber das meiste davon geht auf Strukurprobleme des Landes zurück, die auch die Vorgängerregierung in ihren sieben Jahren Amtszeit nicht in den Griff bekommen hat. Nun von Laschet Lösungen nach nur 30 Monaten zu erwarten, wäre wohlfeil. Auf der anderen Seite reichten diese 30 Monate aber für einige Achtungserfolge:

  • Kriminalität: Die Kriminalitätsrate ist gesunken. Auch, weil Schwarz-Gelb die Polizei massiv aufgestockt und besser ausgerüstet hat. Zugleich vergrößerte die Regierung mit einem neuen Polizeigesetz deren Handlungsspielraum. Und das sogar mit Zustimmung der SPD.
  • Haushalt: Zwar gibt Lutz Lienenkämper (CDU) dank üppiger Steuereinnahmen mehr Geld aus als jeder seiner Vorgänger. Trotzdem ist er der erste NRW-Finanzminister seit 1973, der ohne zusätzliche Schulden auskommt.
  • Schule: Mit der Abkehr vom Turbo-Abi hat Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) ein Dauerärgernis an den Gymnasien beendet. Und das mit so leichter Hand, dass man sich wundert, warum Rot-Grün sich damit so schwer getan hat.
  • Gesundheit: Mit der Landarzt-Quote hat Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) erstmals ein aussichtsreiches Konzept gegen die Landflucht von Medizinern umgesetzt: NRW reserviert ein jährliches Kontingent begehrter Medizin-Studienplätze für solche Anwärter, die nach dem Studium auf dem Land praktizieren wollen. Andere Bundesländer wollen das Konzept übernehmen.
  • Bürokratieabbau: Schwarz-Gelb hat 42 Gesetze und Verordnungen vereinfacht oder gestrichen. Die neue digitale Gewerbeanmeldung reduziert den Verwaltungsaufwand für Gründer.

ZWEITENS

Schwarz-Gelb profitiert von einer schwachen Opposition. Zwar sind die Grünen mit starken Umfragewerten von weit über 20 Prozent die gefühlt zweitstärkste Kraft in NRW. Aber nach ihrem 6,4-Prozent-Desaster bei der jüngsten Landtagswahl stellen sie trotzdem nur 14 der 199 Abgeordneten im Parlament. Entsprechend dürftig sind ihre personellen und finanziellen Ressourcen. Kraftvolle Initiativen sind damit kaum möglich. Die SPD ist derweil voll in den Marginalisierungsstrudel ihrer Bundespartei geraten. Zudem ziehen Fraktionschef Thomas Kutschaty und Landeschef Sebastian Hartmann nicht an einem Strang.

DRITTENS

Schwarz-Gelb profitiert inzwischen außerdem von einer Art Glamour-Faktor: Seit Armin Laschet als Strippenzieher der Bundes-CDU und möglicher Kanzlerkandidat wahrgenommen wird, ist von der Unscheinbarkeit, die ihm zu Oppositonszeiten oft vorgeworfen wurde, nirgends mehr die Rede. Die Aufwertung seiner Rolle im Bund strahlt auf das schwarz-gelbe Bündnis in Düsseldorf ab – ob zurecht oder nicht. 41 Prozent aller nordrhein-westfälischen Wähler halten ihren Ministerpräsidenten laut infratest für einen guten Kanzlerkandidaten.

Trotzdem muss die Düsseldorfer Koalition bis zur nächsten Wahl noch einige dicke Bretter bohren. „NRW muss sich konsequenter beim Braunkohleausstieg verhalten“, fordert Politikwissenschaftler von Alemann. Die 15 Milliarden Euro aus Berlin, die NRW beim Braunkohlekompromiss für sich ausgehandelt hat, müssten nun auch in gute Projekte fließen.

Immer bedrohlicher für Schwarz-Gelb wird der Fachkräftemangel an den Grundschulen und Kindergärten. Die zusätzlichen Ausbildungskapazitäten, die Schwarz-Gelb bislang auf den Weg gebracht hat, reichen bei Weitem nicht aus.

Und schließlich hat Laschet die Dauerstaus zu einem seiner wichtigsten Wahlkampfthemen gemacht. Deshalb muss er bis zur nächsten Landtagswahl einen verkehrspolitischen Erfolg liefern.

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