Überschüssiges Geld in Deutschland Das planen Politiker mit den Steuereinnahmen

Berlin · Steigende Steuereinnahmen bringen Schwung in die Debatte um Entlastungen, Investitionen und höhere Sozialleistungen. So könnte das Geld genutzt werden.

 Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble erhält derzeit viele Vorschläge, wie man die hohen Steuereinnahmen nutzen könnte.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble erhält derzeit viele Vorschläge, wie man die hohen Steuereinnahmen nutzen könnte.

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Die deutschen Steuereinnahmen werden in den kommenden Jahren solide weiterwachsen. Das ist das Ergebnis der neuen Steuerschätzung, die Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble am Donnerstag präsentierte. Daher verfügen die gegenwärtige und die neue Bundesregierung ab Oktober über finanziellen Spielraum für zusätzliche Ausgaben, ohne dafür Schulden machen zu müssen. Die Debatte dreht sich nun darum, wie groß der finanzielle Spielraum ist, und wofür er verwendet werden soll.

Im Vergleich zur Steuerschätzung vom vergangenen November können Bund, Länder und Gemeinden mit insgesamt 54,2 Milliarden Euro mehr zwischen 2017 und 2021 rechnen. Die Summe der Steuereinnahmen soll von 732 Milliarden in diesem Jahr auf 852 Milliarden in 2021 wachsen.

Die Zahl der Arbeitsplätze steigt

Beim Bund könnten die Einnahmen von 308 Milliarden (2017) auf 353 Milliarden (2021) steigen. Der Zuwachs im Vergleich zur vergangenen Schätzung ist hier mit drei Milliarden Euro am geringsten, weil zwischendurch auch Mindereinnahmen wegen einer bereits beschlossenen kleinen Steuerentlastung zu Buche schlagen. Länder und Kommunen dürften bis 2021 dagegen deutlich mehr in den Kassen haben.

Während die Länder dieses Jahr 294,8 Milliarden erhalten, sollen es 2021 schon 340 Milliarden sein. Das Plus im Vergleich zur Novemberschätzung beträgt rund 30 Milliarden Euro. Hier macht sich unter anderem die geplante, für sie günstige Neuordnung der Bund-Länder-Finanzen bemerkbar. Die Erlöse des Staates nehmen zu, weil die Wirtschaft gut läuft und die Zahl der Arbeitsplätze steigt. Die Schätzer nehmen an, dass die Bruttolöhne in diesem Jahr um 3,9 Prozent zulegen, deutlich über der Inflationsrate.

Angesichts dieser Lage plädieren Union und FDP dafür, die Steuern zu senken – allerdings in unterschiedlichem Ausmaß. Schäuble wirbt für eine Entlastung von rund 15 Milliarden Euro pro Jahr. Unter anderem sollen die Abgaben für die Mittelschicht sinken. Der Mittelstandsvereinigung von CDU und CSU (MIT) schwebt Größeres vor.

Deren Vorsitzender Carsten Linnemann fordert unter anderem höhere Freibeträge für Arbeitnehmer sowie geringere Steuersätze für die Mittel- und Oberschicht. Das soll bis zu 30 Milliarden Euro jährlich kosten. Das gewerkschaftsnahe Institut für Makroökonomie (IMK) hat nachgerechnet und beziffert die Kosten der MIT-Vorschläge auf bis zu 42 Milliarden Euro pro Jahr.

Entlastung kleinerer und mittlerer Einkommen gefordert

Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) sagte: „Wir brauchen nach der Bundestagswahl eine Steuerreform mit der schrittweisen Abschaffung des Solidaritätszuschlags, dem endgültigen Abbau der kalten Progression, eine Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen sowie eine Regionalisierung der Erbschaftsteuer.“ Laut FDP-Chef Christian Lindner hat die „Gier des Staates kleptokratische Züge angenommen. Angesichts der Mehreinnahmen sind 30 bis 40 Milliarden Euro jährliche Entlastung bis Ende des Jahrzehnts erreichbar“.

Die Grünen betonten die soziale Zielrichtung. Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt verlangte, die Steuermehreinnahmen gezielt für die Bekämpfung von Armut und Einkommensungleichheit einzusetzen. Mit rund zwölf Milliarden Euro Kosten pro Jahr will die Partei eine höhere Kindergrundsicherung und einen Kindergeldbonus einführen.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) forderte eine Entlastung der Arbeitnehmer. „Wir brauchen eine zielgenaue Entlastung der breiten Masse der Lohnsteuerzahler und ihrer Familien“, sagte DGB-Vorstand Stefan Körzell. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz erklärte, der Staat müsse mehr in Bildung und Infrastruktur investieren.

Alleine den Investitionsstau in den Kommunen beziffert das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) auf knapp 140 Milliarden Euro. Nach der Landtagswahl in NRW will Schulz offenbar einen konkreten Vorschlag für eine Steuerreform machen.

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