Philipp zu Guttenberg im Interview „Dem deutschen Wald geht es so gut wie lange nicht“

Im GA-Interview äußert sich Waldbesitzer-Präsident Philipp zu Guttenberg über heimisches Holz als Baustoff, Wiederaufforstungen und die Cop23 in Bonn.

Der Präsident der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände (AGDW), Philipp zu Guttenberg, hat den Ausstieg der USA aus dem Weltklimaabkommen von Paris als „fatales Signal“ für weltweiten Klimaschutz kritisiert. Mit zu Guttenberg sprach Holger Möhle über dessen Erwartungen an die Cop23.

Sind Wetterextreme wie der Orkan „Xavier“ Boten des Klimawandels?

Philipp zu Guttenberg: Wir gehen davon aus, dass ein Orkan wie „Xavier“ schon vom Klimawandel gemacht ist. Wir beobachten dabei mit großer Sorge, dass sich sogenannte Jahrhundert-Ereignisse in immer engerer Zeitfolge aneinanderreihen.

In Deutschland sind es Orkane, in Portugal Waldbrände, die Trockenheit hat stark zugenommen. Müssen wir die Signale der Natur besser lesen?

Zu Guttenberg: Wir müssen wieder lernen, sie besser zu lesen. Die Gesellschaft hat sich von der Natur entfernt. Die Mehrheit der Bürger versteht deshalb auch nicht die Warnung von Menschen, die im ländlichen Raum leben. Vor allem sehen sie nicht die Warnschilder, die Menschen aufgestellt haben, die von und mit der Natur leben. Das muss wieder stärker aufs politische Parkett.

Welche Erwartungen haben Sie also an die Cop23?

Zu Guttenberg: In Europa haben wir mit dem Wald und der Waldbewirtschaftung einen der effektivsten Hebel gegen den Klimawandel. Holz ist der ökologische Rohstoff schlechthin, weil Holzprodukte Kohlendioxid binden. Wenn wir unsere Wälder nachhaltig bewirtschaften und Holz verwenden, vermeiden wir also den Verbrauch von Kohlendioxid – ganz im Gegensatz zum Einsatz von energieintensiven oder fossilen Bau- und Brennstoffen. Und so merkwürdig es klingen mag: Wenn wir heimisches Holz als Baustoff verwenden, schützen wir bedrohte Urwälder in anderen Teilen der Welt.

Waldschaden- oder Waldzustandsbericht – wie gesund ist der deutsche Wald?

Zu Guttenberg: Dem deutschen Wald geht es so gut wie noch nie seit vielen Hundert Jahren. Das ist die gute Nachricht. Mit dem Klimawandel haben wir allerdings eine enorme Herausforderung vor uns. Wir müssen den Wald umbauen und dabei auch klimaresistente Baumarten einbringen. Wir können den Wald nicht so lassen, wie er ist, denn das wird er höchstwahrscheinlich nicht überleben.

Heißt das, wir brauchen neue Baumarten, weil der ursprüngliche Wald in Folge des Klimawandels nicht überlebensfähig wäre?

Zu Guttenberg: Die heimischen Baumarten sind seit einigen Hundert Jahren geprägt von einem bestimmten Klimaregime. Diese Standortfaktoren ändern sich jetzt. Wir wissen heute nicht, welche Baumart in 50 oder 100 Jahren einen Temperaturanstieg oder eine Veränderung von Niederschlag überleben wird. Es gibt klimatolerantere Baumarten wie die Roteiche oder Douglasie, das sind nicht heimische Bäume, die wir mit einbringen müssen. Wir müssen mehr Baumarten auf der Fläche einbringen, um den Wald vitaler und klimaresistenter zu machen.

Sind die nationalen Klimaziele mit der Reduzierung des CO2-Ausstoßes um 40 Prozent bis 2020 einzuhalten, wenn Deutschland nicht aus der Kohle aussteigt?

Zu Guttenberg: Die wichtigste und intelligenteste Ressource, die wir in Deutschland haben, ist nicht die Kohle, sondern der deutsche Wald. Den Wald müssen wir zum Erreichen dieser Klimaziele intelligent nutzen. Über den Kohleausstieg muss die Politik im Lichte der nationalen Klimaziele entscheiden.

Haben Sie die Befürchtung, der von Donald Trump angekündigte Ausstieg der USA aus dem Weltklimaabkommen von Paris könnte Nachahmer finden und die Weltgemeinschaft spalten?

Zu Guttenberg: Ich halte den angekündigten Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen für ein fatales Signal der neuen US-Regierung. Die Gefahr einer Spaltung der Weltgemeinschaft an diesem Punkt besteht. Ich finde das höchst bedauerlich, wenn die Tür für eine rückwärtsgewandte Klimapolitik wieder einen Spalt offen ist.

Hält das Klima vier Jahre Donald Trump aus?

Zu Guttenberg: Das Klima wird ihn schon aushalten. Allerdings sollte es sich nicht wiederholen.

Ab wann ist die Cop23 ein Erfolg?

Zu Guttenberg: Wenn die Cop23 der nachhaltigen Waldbewirtschaftung den Stellenwert in dem Kampf gegen den Klimawandel einräumt, den der Wald einnehmen muss, dann ist es ein Erfolg. Bewirtschafteter Wald bindet Treibhausgase. Deswegen müssen wir die Flächen, die wir weltweit haben, auch verteidigen, nachhaltig bewirtschaften und nicht brandroden. Alles andere ist das Vergraben in ideologischen Schützengräben. Und das kann sich dieser Globus nicht weiter leisten.

Und der deutsche Wald sagt Danke?

Zu Guttenberg: Der deutsche Wald sagt Danke, weil wir mit dem Wald und Holz einen weltweiten Beitrag zum Klimaschutz leisten können. Wir müssen dazu aber den Wald bewirtschaften. Wo wir Baumbestand neu aufforsten, entstehen auch neue Kohlendioxidspeicher.

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