Porträt: Der frühere Linken-Fraktionschef Der ewige Gysi

BERLIN · Gregor Gysi hatte sich aus der Spitze der Linken-Fraktion zurückgezogen, doch er kann es nicht lassen: 2017 bewirbt er sich erneut um ein Mandat des Bundestages.

 Gregor Gysi.

Gregor Gysi.

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Gregor Gysi kann es nicht lassen. Politik ist sein Leben. Und sie bleibt sein Leben. Wenn die Wählerinnen und Wähler seines Wahlkreises Treptow-Köpenick in Berlin im kommenden Jahr mitspielen, für vier weitere Jahre bis zur übernächsten Bundestagswahl 2021. Ob danach dann wirklich Schluss ist?

Vor 15 Monaten hatte der Jurist jedenfalls erst entschieden, sich nach zehn Jahren an der Spitze der Linken-Fraktion im Bundestag zurückzuziehen und so den Weg für die neue Doppelspitze Dietmar Bartsch und Sahra Wagenknecht freizumachen. Wobei von Gysi bekannt ist, dass er kein Freund von Wagenknecht ist. Im GA-Interview im Juni hatte er das Verhältnis zu Wagenknecht launig so beschrieben: „Ach, das ist gar nicht so schlecht. Sie ist meine beste Nachfolgerin. Ich hab' ja auch nur eine.“ Polit-Junkie Gysi litt jedenfalls schon bald an dem Bedeutungsverlust und forderte in einem Brief an die Fraktionsspitze, ihn doch bitte häufiger gerade bei großen Debatten als Redner zu setzen. Plan A: Entweder in großen Europa-Debatten. Dazu allerdings nehmen traditionell die Fraktionschefs Stellung. Plan B: Gysi als Generalist, dann aber wolle er „wenigstens sechs Reden“ im Bundestag halten. Offenbar war es dem einstigen Frontmann als Hinterbänkler zu langweilig geworden.

Dieser Tage nun gab Gysi, 68 Jahre alt, bekannt, dass er selbstverständlich „nach reiflicher Überlegung“ doch „viele Bitten und Signale“ von Menschen aus seinem Wahlkreis erhört habe und sich im kommenden Jahr erneut um ein Mandat des Bundestages bewerben wolle – als Direktkandidat in seinem Wahlkreis Treptow-Köpenick. Den hatte er 2013 mit 42,2 Prozent souverän vor CDU (22,6) und SPD (17,8) gewonnen. Im General-Anzeiger hatte er schon im Sommer durchblicken lassen, wie schwer er sich vom Mandat trennen kann: „Ich will meinen Nachfolgern einerseits nicht auf den Keks gehen, andererseits hänge ich an meinem Berliner Wahlkreis.“ Gysi, der seit 1990 Mitglied des Bundestages ist, strebt nun also nach einem Mandat für seine dann achte Legislaturperiode.

Der Jurist und Rechtsanwalt hatte sich kurz nach Einzug in den Bundestag als Vorsitzender der PDS-Bundestagsgruppe im Bundestag, später als Chef der PDS-Fraktion, schnell einen Namen gemacht. Schon damals vertrat er offensiv ostdeutsche Interessen und mahnte, die deutsche Einheit könne nur gelingen, wenn Deutsche aus beiden früheren Teilen des Landes bereit seien, aufeinander zuzugehen und voneinander zu lernen. Der damalige PDS- und spätere Linken-Fraktionschef sah sich im Bundestag immer wieder Anfeindungen ausgesetzt.

Im Januar 1992 geriet Gysi erstmals selbst in den Verdacht, Inoffizieller Mitarbeiter der Stasi gewesen zu sein. Gysi betonte stets, „zu keinem Zeit wissentlich und willentlich mit der Staatssicherheit zusammengearbeitet“ zu haben. 1998 sah es der Immunitätsausschuss des Bundestages als erwiesen an, dass der Jurist als „IM Notar“ als Anwalt in der DDR mit der Staatssicherheit zusammengearbeitet habe. Gysi hatte sich gegen Vorwürfe, er habe Informationen über Mandanten an die Stasi verraten, mehrfach erfolgreich vor Gericht gewehrt.

2017 will es Gysi mit seinem herausragenden Talent als Redner also noch einmal wissen und hat seiner Partei gleich eine Empfehlung mit auf den Weg gegeben: Die Linke möge im kommenden Jahr eine Koalition mit SPD und Grünen anstreben. Gysi würde es zu gerne noch erleben. Und man ahnt bei ihm schon: Niemals geht er so ganz.

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