Koalition in Rheinland-Pfalz Der Test für Rot-Gelb-Grün beginnt

MAINZ · Ihren ersten Test hat die neue rot-gelb-grüne Koalition in Rheinland-Pfalz bestanden. Bei erster Sitzung des neuen Parlaments erhielt Ministerpräsidentin Malu Dreyer alle Stimmen von SPD, FDP und Grünen.

 Die frisch gewählte Regierungschefin lächelt noch befreiter als sonst: Malu Dreyer gestern in der Mainzer Staatskanzlei.

Die frisch gewählte Regierungschefin lächelt noch befreiter als sonst: Malu Dreyer gestern in der Mainzer Staatskanzlei.

Foto: dpa

FDP-Chef Volker Wissing ist der Erste im Festsaal der Staatskanzlei. In einigen Minuten, so sieht es das Protokoll vor, soll die Ministerpräsidentin hier die neuen Ressortchefs ernennen. Bis dahin hat Wissing das Feld allein und noch viel zu erzählen. Von einem „tollen Tag“ spricht er. „Viele schauen auf Rheinland-Pfalz und fragen uns, ob ein solches Dreierbündnis funktionieren kann“, sagt er.

Ihren ersten Test hat die neue rot-gelb-grüne Koalition da schon bestanden. Denn eine halbe Stunde zuvor haben die Landtagsabgeordneten Malu Dreyer als Ministerpräsidentin wiedergewählt. Bei der geheimen Wahl erhält sie 52 Stimmen, so viele, wie SPD, FDP und Grüne an Mandaten im Parlament haben.

Dreyer strahlt. SPD-Fraktionschef Alexander Schweitzer gratuliert als Erster, dann folgen ihr Mann Klaus Jensen mit roter Rose, Wissing, Grünen-Fraktionschef Bernhard Braun, Innenminister Roger Lewentz und CDU-Fraktionschefin Julia Klöckner. Was würde sie wohl dafür geben, an diesem Tag in Dreyers Rolle zu sein?

Wie viele Abgeordnete ihrer CDU trägt auch Klöckner einen schwarzen Hosenanzug. Ein trauriger Tag für die Partei. Noch wenige Wochen vor der Wahl war die CDU nach Umfragen die klar stärkste Partei. Klöckner stand kurz vor der Staatskanzlei. Doch nach eigenen Fehlern und dem Schlussspurt der SPD drehte sich das Bild, und am 13. März lag tatsächlich Dreyer vorn.

„Der Wähler hat so gesprochen“, sagt Horst Gies, direkt gewählter CDU-Abgeordneter aus Bad Neuenahr-Ahrweiler, „wir müssen das so akzeptieren.“ Die Union bleibt mit 35 Abgeordneten also in der Opposition – wie in den 25 Jahren zuvor. Neu an ihrer Seite ist die AfD, die 14 Parlamentarier stellt.

Die Partei macht gleich mit zwei Geschäftsordnungsanträgen auf sich aufmerksam. Sie sieht sich benachteiligt, weil die vier etablierten Fraktionen die Größe der Ausschüsse von 13 auf zwölf Mitglieder verringern und das Zählverfahren verändern wollen. So hätte die AfD dort genauso viele Sitze wie FDP und Grüne, obwohl sie viel größer sei, so Fraktionschef Uwe Junge. Sein Antrag, Ausschussgröße und Zählverfahren beizubehalten, wird von SPD, CDU, FDP und Grünen abgelehnt.

Auch der AfD-Antrag, dem Landtagspräsidenten nur einen Vize zur Seite zu stellen, kommt nicht durch. Bisher hatte jede Fraktion im Landtag einen Vize. Das hatte man den Neulingen sowieso nicht zugestehen wollen. Nun wird der einstimmig gewählte neue Parlamentspräsident Hendrik Hering (SPD) nur von seiner Parteifreundin Barbara Schleicher-Rothmund und Hans-Josef Bracht (CDU) vertreten.

Hering fordert, die Bürger „viel stärker in politische Prozesse einzubinden“. Zuvor hatte Alterspräsidentin Cornelia Willius-Senzer (FDP) kritisiert, dass sich die Politik zu wenig um die Sorgen der Bürger kümmert. „Wenn 60 Prozent der Bürger sagen, es geht im Land nicht gerecht zu, dann kann uns das nicht egal sein“, sagte sie. Nachdenkliche Mienen bei vielen Abgeordneten.

Nach der Wahl Dreyers werden in der Staatskanzlei die Minister ernannt. Hier stehen die neuen im Blickpunkt: Die grüne Familienministerin Anne Spiegel, FDP-Justizminister Herbert Mertin, Wissenschaftsminister Konrad Wolf und die neue Bildungsministerin Stefanie Hubig. Die Regierungschefin ist mit allen per Du.

Auch mit Wissing, mit dem sie im Wahlkampf noch nicht viel anfangen konnte. Jetzt strahlt der Liberale mit Dreyer um die Wette. Eigentlich wollte er mit Klöckner regieren. „Doch der Wähler hat anders entschieden, jetzt wünschen wir uns eine kritische Opposition“, sagt er. Die wird er sicher bekommen.

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