US-Sanktionen zeigen Wirkung Deutsche überdenken Investitionen in der Türkei

Istanbul · Die Türkei ist nach den Sanktionen des US-Präsidenten Donald Trump als Investitionsstandort noch riskanter geworden. Das sehen auch deutsche Unternehmen so.

 Unabhängig von der Branche: Die amerikanischen Strafmaßnahmen könnten die türkische Wirtschaft empfindlich treffen.

Unabhängig von der Branche: Die amerikanischen Strafmaßnahmen könnten die türkische Wirtschaft empfindlich treffen.

Foto: picture alliance / Mirjam Schmit

Es hätte alles noch schlimmer kommen können für die türkische Wirtschaft. Seit Tagen hatte US-Präsident Donald Trump immer wieder mit Sanktionen gegen die Türkei gedroht, um das Land für den Syrien-Einmarsch zu bestrafen. Trump sprach sogar von "Vernichtung" der türkischen Volkswirtschaft. Als Washington dann in der Nacht zum Dienstag das Sanktionspaket verkündete, reagierten die Märkte in der Türkei geradezu erleichtert. Vor allem die Tatsache, dass die Strafmaßnahmen nicht die türkischen Banken berühren, ließ Anleger am Bosporus aufatmen. Mittelfristig dürfte das Signal von Trumps Sanktionen jedoch seine Wirkung entfalten. Die Türkei ist als Investitionsstandort noch riskanter geworden. Das sehen auch deutsche Unternehmen so.

Thilo Pahl, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutsch-Türkischen Handelskammer in Istanbul, erwartet als Folge des Syrien-Einmarsches und der US-Sanktionen, dass die Mehrzahl der rund 7000 deutschen Firmen in der Türkei erst einmal keine zusätzlichen Investitionen anschieben werden. "Die meisten Unternehmen werden jetzt abwarten", sagte Pahl. Die jüngsten Entwicklungen hätten "viel Unsicherheit in den Markt getragen".

Um die Türkei zur Einstellung ihrer Offensive in Syrien zu zwingen, erheben die USA ab sofort Strafzölle von 50 Prozent auf türkische Stahleinfuhren. Zudem setzt Washington die Verhandlungen über einen Handelsvertrag mit der Türkei aus, der den Warenaustausch zwischen den beiden Staaten von 20 Milliarden Dollar auf 100 Milliarden im Jahr anheben sollte. Mehrere Minister der Regierung von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan, darunter Verteidigungsminister Hulusi Akar, wurden auf eine schwarze Liste der US-Regierung gesetzt. Der Syrien-Einmarsch und die Reaktionen der USA hatten türkische Marktteilnehmer in den vergangenen Tagen sehr pessimistisch gestimmt: Am Montag fielen die Börsenkurse in Istanbul so stark wie seit mehr als einem halben Jahr nicht mehr. Doch am Dienstag erholte sich der Leitindex wieder - Trumps Strafen waren weniger harsch ausgefallen als befürchtet. Auch die Türkische Lira legte gegenüber dem Dollar an Wert zu. In der Türkei seien die Sanktionen längst eingepreist gewesen, weshalb es am Dienstag kein Schockerlebnis an den Märkten gegeben habe, sagte der Wirtschaftsexperte und Regierungskritiker Mustafa Sönmez.

Doch auch wenn der große Crash ausblieb: Die US-Strafmaßnahmen könnten die türkische Wirtschaft empfindlich treffen, sagte Pahl. Europa ist der wichtigste Exportmarkt der Türkei und auch die USA gehören zu den Abnehmern: "Klar ist, dass Amerika für die Türkei wichtiger ist als umgekehrt." Besonders die Metallbranche, der Maschinenbau und der Automobilsektor seien betroffen. Russland als einer der wenigen verbliebenen Unterstützer der international weitgehend isolierten Türkei könne als Abnehmer türkischer Exporte die Verluste nicht wettmachen.

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