Kommentar zur Diesel-Klage der EU Dicke Luft

Meinung | Berlin · Jetzt ist es schriftlich: Deutschland tut viel zu wenig, um die Grenzwerte für saubere Luft einzuhalten. Eine selbst verschuldete Ohrfeige mit Ansage, kommentiert GA-Korrespondent Holger Möhle.

Ein schönes Programm, flugs aufgelegt, macht die Luft noch nicht sauber. Und Abwarten – bis der Wind sich eventuell dreht – hat in der Umwelt- und Klimapolitik noch nie geholfen. Jetzt hat es die EU-Kommission der Bundesregierung schriftlich gegeben: Deutschland tut viel zu wenig, um die Grenzwerte für saubere Luft einzuhalten. In diesem Fall ist das Papier aus Brüssel aber nicht geduldig, sondern bringt der Bundesregierung eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof ein. Es ist eine Ohrfeige mit Ansage, selbst verschuldet, selbst gemacht – auch wegen zu viel Rücksicht auf die Interessen der deutschen Autoindustrie.

Dass außer Deutschland noch fünf weitere Mitgliedsstaaten versucht haben, das Problem kleinzuhalten, macht die Sache keinesfalls besser, sondern die Luft bisher nur noch schlechter. Jetzt muss die Bundesregierung, wenn sie ehrlich ist und das Problem tatsächlich angehen will, die Autoindustrie endlich richtig in die Pflicht nehmen.

Außer schönen Worten, einem bis heute von der Autolobby nicht voll aufgefüllten Fonds für Ausgleichsmaßnahmen und angekündigten Software-Updates sollten die Autohersteller nun wirklich liefern müssen: Hardware-Nachrüstung, also Umbauten an Motor und Abgasanlage – auf eigene Kosten, denn sie sind auch die Verursacher des (Abgasreinigungs-)Betrugs beim Diesel, mit dem sie über Jahre blendend verdient haben. Hoffentlich hat die Klage der EU reinigende Wirkung. Noch hat es die Regierung in der Hand, Fahrverbote in Deutschland zu vermeiden. Aussitzen hilft nicht mehr weiter. Einfach zu viel dicke Luft.

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