Gesellschaft Die Angst der "Generation Mitte" wächst

Berlin · Ängste machen sich bei wachsenden Teilen der mittleren Generation in Deutschland breit - obwohl es den meisten persönlich durchaus gut geht. Viele sorgen sich wegen der Flüchtlinge und sozialem Unrecht.

 Die mittlere Generation in Deutschland blickt trotz materieller Sicherheit zunehmend skeptisch in die Zukunft.

Die mittlere Generation in Deutschland blickt trotz materieller Sicherheit zunehmend skeptisch in die Zukunft.

Foto: Ole Spata/Illustration

Sorgen über Ungerechtigkeit, Terroranschläge und Fremdenfeindlichkeit haben zu einem Stimmungseinbruch in Deutschland geführt. So blickt die mittlere Generation der 30- bis 59-Jährigen den kommenden zwölf Monaten nur noch zu 43 Prozent mit Hoffnungen entgegen - im vergangenen Jahr waren es 57 Prozent.

Fast zwei von drei machen sich Sorgen wegen der Flüchtlinge in Deutschland. Das zeigt eine in Berlin vorgestellte Studie des Allensbach-Instituts im Auftrag der deutschen Versicherungswirtschaft. Die Umfrage zeigt ein Stimmungsbild voller Kontraste - denn die Mehrheit ist persönlich durchaus zufrieden.

So schätzen 75 Prozent ihre Lebensqualität als gut oder sehr gut ein. Bei 39 Prozent hat sich die eigene wirtschaftliche Lage in den vergangenen Jahren nach eigener Aussage verbessert, bei 20 Prozent verschlechtert. "Wir haben einen regelrechten Einbruch des Zukunftsoptimismus, obwohl sich die mittlere Generation wenig Sorgen macht, dass ein wirtschaftlicher Abschwung kommt", sagte Allensbach-Direktorin Renate Köcher.

Allgemein mit Befürchtungen blicken 42 Prozent der Befragten in die nächsten Monate, 2015 waren es nur 30 Prozent. Die generelle Stimmung war zuletzt zur Finanzmarktkrise 2008 so schlecht.

Als große Gefahren für das Land sehen jeweils 68 Prozent wachsende Unterschiede zwischen Arm und Reich und steigende Fremdenfeindlichkeit, 65 Prozent Terroranschläge, 64 Prozent viele ins Land kommende Flüchtlinge und 58 Prozent wachsenden Rechtsextremismus im Land.

Der Anteil jener, die sich um sinkenden persönlichen Lebensstandard sorgen, stieg binnen eines Jahres von 54 auf 60 Prozent. Aber nur jeder Vierte fürchtet, arbeitslos zu werden. Soziale Probleme im Land nehmen die meisten wahr: Dass der Abstand bei Einkommen und Vermögen zugenommen hat, meinen 70 Prozent. Nur jeder zehnte findet, dass in Deutschland für gleiche Arbeit auch gleicher Lohn gezahlt wird. Nur fünf Prozent meinen, dass es keine großen Einkommensunterschiede zwischen den Berufsgruppen gibt.

Die Wahrnehmung einer sozialen Kluft führt aber nicht dazu, dass die Menschen mehrheitlich auf staatliche Umverteilung setzen: 72 Prozent der mittleren Generation halten es für gerecht, dass Leute, die viel leisten, auch viel verdienen. Zwei von drei meinen, dass Arbeitslose deutlich weniger bekommen sollten als Berufstätige.

Zu wachsenden Sorgen führt die Kriminalität. 68 Prozent nehmen an, die Zahl der Verbrechen habe zugenommen. Köcher sprach von einer "unglücklichen Situation", dass die Flüchtlingswelle mit wachsender Besorgnis um die innere Sicherheit zusammengetroffen sei. So sei der Anteil derer, die sich vor wachsender Kriminalität wegen der Zuwanderung sorgen, von 40 vor zwei Jahren auf nun 52 Prozent gestiegen. Fast zwei von drei meinen, dass auch Anhänger terroristischer Gruppen nach Deutschland kommen. Zugleich ist die Zahl derer gestiegen, die sagen, Zuwanderung tue der Gesellschaft gut - nämlich von 23 auf 30 Prozent.

Ähnliche Ergebnisse hatten Allensbach im Auftrag der SPD präsentiert. Demnach sehen die Bürger überzeugende Konzepte für den Umgang mit der Flüchtlingskrise bei keiner Partei. Der CDU trauen das 13 Prozent der Befragten zu, der AfD 9 Prozent. Nur acht Prozent setzten auf die CSU, sechs Prozent auf die SPD.

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