Gesundheitsfonds Die Kassenreserve schmilzt
Frankfurt/Main · Den Zusatzbeitrag für den Gesundheitsfonds zahlt nur der Versicherte. Einen Arbeitgeberanteil gibt es dafür nicht. Doch weil die Ausgaben für die medizinische Versorgung steigen, will die SPD nun die Arbeitgeber stärker beteiligen.
Zwar gibt es Reserven in Milliardenhöhe. Aber sie schmelzen. Beim Gesundheitsfonds standen zum Jahresanfang noch knapp zehn Milliarden Euro auf dem Guthabenkonto. Mittlerweile sind es nur noch 6,2 Milliarden Euro. Jeden Monat gibt er derzeit im Schnitt gut 750 Millionen Euro mehr aus als er einnimmt.
Der Grund: Die Ausgaben für die medizinische Versorgung steigen. Medizinischer Fortschritt, älter werdende Bevölkerung, die Renditeerwartungen der Pharma- und Krankenhausunternehmen treiben die Ausgaben. Und der Gesetzgeber. Er schafft Ansprüche auf neue Leistungen, zuletzt etwa eine bessere Notfallversorgung und Pflege in Krankenhäusern, einen Rechtsanspruch auf ärztliche Zweitmeinung bei bestimmten planbaren Operationen und mehr Kinder- und Jugenduntersuchungen.
Das kostet. Zahlen dazu von der Barmer GEK, der Nummer zwei der Branche: Sie gab im vorigen Jahr für jeden Versicherten im Schnitt 2962 Euro aus, 3,15 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Ärztliche Leistungen stiegen um durchschnittliche 3,19 Prozent, die Ausgaben für Arzneimittel um unterdurchschnittlich 2,92 Prozent, die Rechnungen von Krankenhäusern um überdurchschnittliche 3,82 Prozent.
Dennoch hat es die Barmer geschafft, ihre Verluste von knapp 400 Millionen Euro aus dem Jahr 2014 in einen kleinen Gewinn von 5,5 Millionen Euro im Jahr 2015 zu drehen. Der Vorstand erklärt das zwar durch „eine grundlegende Neuausrichtung der Strukturen in der Hauptverwaltung“ und mehr Effizienz durch eine bessere Datenverarbeitung. Mag sein. Entscheidend war jedoch, dass die Kasse vom Gesundheitsfonds 25,3 Milliarden Euro überwiesen bekam statt 24,8 Milliarden Euro im Jahr 2014.
Es lag also an den steigenden Einnahmen. Und das heißt wesentlich: an den Beiträgen. Dabei haben die Krankenkassen in der gesetzlichen Krankenversicherung nur einen geringen Spielraum, ihre Beiträge zu gestalten. Denn der Gesetzgeber legt einen einheitlichen Beitrag fest. Für die Jahre 2015, 2016 und 2017 sind das 14,6 Prozent des Einkommens.
Den teilen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer, jeder zahlt also 7,3 Prozent. Dieses Geld fließt in den sogenannten Gesundheitsfonds. Auch Zuschüsse des Bundes – 2015 in Höhe von 11,5 Milliarden Euro, dieses Jahr knapp 13,9 Milliarden Euro – werden dort gesammelt. Damit gleicht der Bund versicherungsfremde, aber politisch erwünschte Leistungen aus. Große Brocken sind die beitragsfreie Mitversicherung von Kindern und das Mutterschaftsgeld.
Die Gelder werden vom Gesundheitsfonds auf alle Kassen risikogerecht verteilt. Um einen Wettbewerb zwischen den Kassen zu ermöglichen, können sie einen Zusatzbeitrag erheben, wenn die Gelder aus dem Gesundheitsfonds nicht genügen. 2015 hat nur eine von 123 Kassen darauf verzichtet. Der Zusatzbeitrag ist 2016 von 0,9 auf im Schnitt 1,1 Prozent gestiegen. Schätzungen für 2020 liegen bei 2,4 Prozent. Den Zusatzbeitrag zahlt nur der Versicherte.
Einen Arbeitgeberanteil gibt es dafür nicht. Das Argument, Deutschland müsse wettbewerbsfähige Arbeitskosten haben, die Lohnnebenkosten also deckeln, hatte seit Juli 2005 die paritätische Verteilung der Beiträge zwischen Arbeitgebern und -nehmern aufgehoben. Seitdem steigen die Anteile, die die Beschäftigten zu zahlen haben, schneller. Das will die SPD wieder ändern. Sie argumentiert nicht mehr mit den Standortkosten, sondern mit der Solidarität zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.