Bischöfe protestieren gegen Vatikan-Papier Debatte um die Rolle von Laien in der katholischen Kirche

Berlin. · Eine Instruktion aus Rom setzt sich kritisch mit der Rolle von Laien in katholischen Pfarrgemeinden auseinander. Die Bischöfe protestieren. Der Kölner Kardinal Woelki unterstützt die Position des Vatikans.

 Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode kritisierte die Positionierung des Vatikans.

Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode kritisierte die Positionierung des Vatikans.

Foto: dpa/Guido Kirchner

Anfang der Woche veröffentlichte die Kleruskongregation im Vatikan eine Instruktion, die sich kritisch mit der Rolle von Laien in Pfarrgemeinden auseinandersetzt. Die Debatte in der katholischen Kirche nimmt jetzt Fahrt auf.

Was sind die strittigen Punkte in dem Papier?

Unter der Überschrift „Die pastorale Umkehr der Pfarrgemeinde im Dienst an der missionarischen Sendung der Kirche“ legt Rom unter anderem fest, dass Laien nur in einer „außerordentlichen und vorübergehenden pastoralen Situation“, etwa bei einem Priestermangel, an der „Hirtensorge einer Pfarrei“ beteiligt werden. Damit läuft das Schreiben aus Rom den Bestrebungen der Kirche in Deutschland entgegen, den Gläubigen im Zuge der nötigen Strukturprozesse mehr Verantwortung zu geben.

Was planen einzelne Bistümer?

Die Rolle der Laien in Pfarrgemeinden wird kontrovers diskutiert
Foto: Grafik GA

In vielen von ihnen laufen derzeit Prozesse zur Bildung pastoraler Räume oder Großpfarreien. Und fast überall wird auch die stärkere Beteiligung von Laien an der Gemeindeleitung dabei thematisiert. Im Bistum Osnabrück gibt es sogar schon mehrere Pfarreien, die von einer Frau geleitet werden.

● Wie fielen die Reaktionen von Laien aus?

Das kirchenkritische Netzwerk „Wir sind Kirche“ sprach vom „letzten Aufschrei einer sterbenden Religionsdiktatur“. Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Thomas Sternberg, sprach im Interview mit dem Kölner „Domradio“ von einer „abenteuerlichen Realitätsferne“ des neuen vatikanischen Papiers. Vor Ort in den Gemeinden müsse man heute um die Partizipation von Menschen werben. „Und wenn wir heute um Leute werben würden, sich einem Wahlprozess zu unterziehen, um anschließend in einem Gremium zu sitzen, das ein reines Plaudergremium ist, in dem der Pfarrer mal gucken kann, was so in der Gemeinde los ist, dann muss ich sagen, so etwas gibt es nicht mehr“, sagte Sternberg im „Domradio“.

Welche Position bezogen die Bischöfe?

Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode wetterte, der Text stelle eine „Umkehr zur Klerikalisierung“ dar. Das Priesteramt werde als „Gegenüber zur Gemeinde“ im Text zu stark betont, „angesichts des notwendigen Miteinanders aller“. Relativ unmissverständlich kündigte Bode aber an, im Bistum Osnabrück nichts an der Beteiligung von Laien an der Gemeindeleitung ändern zu wollen. „Die Instruktion lässt diesen Weg nur als vorübergehende „Notverordnung“ zu“, sagte der Bischof. „Ich bin der Meinung, dass diese Not bei uns an so manchen Stellen permanent existieren wird.“

Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf erklärte, er könne „den Eingriff in meine bischöfliche Hirtensorge nicht so einfach hinnehmen.“ Schon heute könne man vakante Pfarrstellen nicht besetzen. Viele Priester klagten über Überforderung im Blick auf Verwaltung und Bürokratie. „Gerade dies soll aber der Instruktion zufolge bei den Pfarrern bleiben“, so Kohlgraf. „Die von uns geplanten Verwaltungsleiter sind nach den römischen Vorstellungen wohl nicht genehm.“ Zudem sorgte sich der Theologe um das Engagement zahlreicher Laien. „Bald werden sie genug davon haben, wenn ihr Engagement nur misstrauisch beäugt und von oben herab bewertet wird“, so Kohlgraf.

Ähnlich äußerte sich der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck. „Die Instruktion nimmt in keiner Weise zur Kenntnis, dass wir in Deutschland – aber auch in vielen anderen Ländern der Weltkirche – kirchliches Leben nicht mehr nach den Mustern der bisher bekannten Volkskirche gestalten können“, sagte Overbeck. „Wir leben in pluralen, freiheitlichen Gesellschaften, in denen christlicher Glaube nur in Vielfalt und Offenheit zukunftsfähig sein wird.“ Dazu gehöre auch, sich von einem Klerikalismus zu verabschieden, der nicht zuletzt nach den Skandalen des klerikalen Machtmissbrauchs zurecht keine Akzeptanz mehr finden dürfe. Zudem sorge der Priestermangel dafür, dass die Forderungen der Instruktion so wohl auch gar nicht mehr umsetzbar seien. „Das, was das Dokument einfordert, ist faktisch gar nicht zu realisieren, weil es die Priester gar nicht mehr gibt, die allein zahlenmäßig benötigt würden, um all den Vorgaben zu entsprechen.“

Und wie reagiert das Erzbistum Köln?

Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki begrüßte in einem Gastbeitrag für das Internetportal „Katholisch.de“ die Instruktion. Sie gebe „wertvolle Anregungen, wie die uralte Institution der Pfarrei in unsere moderne Welt übertragen werden kann“. Deutlich sei von einer Forderung nach Umkehr die Rede. „Diese Hinwendung geschieht jedoch nicht allein durch Strukturveränderung und rein menschliche Anstrengung, sondern sie beginnt mit der Umkehr des Einzelnen und nimmt so von Christus her ihren Ausgang.“ Aus Sicht von Woelki liege die Verantwortung für die Leitung der Pfarrei fast selbstverständlich bei den Priestern. „Durch seinen besonderen Dienst der Leitung soll der Priester die Getauften unterstützen, fördern und dabei begleiten, als Christen zu leben: ihre Verbundenheit mit Jesus Christus und ihre Solidarität mit den Menschen unserer Zeit.“

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