Merkels Flüchtlingspolitik Die Unruhe wächst

Berlin · Das Gutachten des ehemaligen Verfassungsrichters Udo Di Fabio zur angeblichen Grundgesetzwidrigkeit der Merkelschen Flüchtlingspolitik hat die Unionsfraktion im Bundestag elektrisiert.

 "Die Fraktion muss sich eine Meinung bilden", meint Christian von Stetten.

"Die Fraktion muss sich eine Meinung bilden", meint Christian von Stetten.

Foto: dpa

Neben der ohnehin skeptischen CSU-Landesgruppe fühlen nun auch die Gegner der liberalen Linie in der Migrationspolitik in den Reihen der CDU-Bundestagsabgeordneten neuen Aufwind.

Von der Gruppe, die mindestens einige Dutzend Abgeordnete umfasst, wird nun dafür geworben, in der Fraktion eine Abstimmung herbeizuführen. Erhielte der Antrag eine Mehrheit, wäre damit der offene Bruch mit der Kanzlerin im Herzstück ihrer Politik dokumentiert. Zu einem ersten Zusammenstoß kam es nach Recherchen unserer Zeitung am Montag in der Sitzung des Fraktionsvorstands.

Fraktionschef Volker Kauder wehrte sich gegen das Ansinnen. Sein Argument: Der Bundesparteitag in Karlsruhe habe erst im Dezember eindeutig den Kanzlerkurs bestätigt und einer harten Linie eine überdeutliche Abfuhr erteilt. Eine Sicht, die die Kritiker nicht überzeugt. "Bei einer solch entscheidenden Frage muss sich die Fraktion eine Meinung bilden", sagte Christian von Stetten, einer der profiliertesten Merkel-Kritiker, unserer Zeitung.

Dagegen mangelt es nicht an Stimmen, die vor diesem Schritt eindringlich warnen. Karin Maag, die Vorsitzende der Frauengruppe der Fraktion, sagte unserer Zeitung: "Das klare Votum des Parteitags, der ein weiteres Spektrum als das der Fraktion abbildet, sollte bindend sein." Es sei "problematisch, wenn man der Partei sagt, wir fühlen uns als Bundestagsfraktion nicht ihre Beschlüsse gebunden". Interessant ist, dass auch der Innenexperte Armin Schuster, der inhaltlich die im Antrag formulierte merkelkritische Position teilt, vor der offenen Machtprobe warnt. "Erstens hat der Parteitag die Frage entschieden", sagte er unserer Zeitung, "zweitens bringt der Antrag die Fraktion in eine Zwangslage".

Angesichts des Drucks auf die Abgeordneten in den Wahlkreises ist aber völlig offen, ob diese Warnung verfängt. Manche haben Zweifel. "Die Stimme der Vernunft hat kaum mehr eine Chance in der Fraktion", sagt der Abgeordnete Michael Hennrich (Nürtingen). Auch er warnt aber davor, die Mahnungen von ehemaligen Verfassungsrichtern wie Udo di Fabio oder Hans-Jürgen Papier beiseitezuschieben, die die Bundesregierung kritisiert hatten.

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