GA-Interview mit Aiman Mazyek "Diese Worte sind ein Einknicken vor dem Terrorismus"

Köln · Donald Trump spielt Islamisten in die Hände, glaubt Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrates der Muslime in Köln. Mit ihm sprach Jasmin Fischer.

Donald Trump fordert ein US-Einreiseverbot für Muslime und hat noch einmal nachgelegt: "Wir sind im Krieg." Was halten Sie von solchen Äußerungen?
Aiman Mazyek: Ich sehe schon vor mir, wie Terroristen sich ins Fäustchen lachen. Denn genau davon haben sie geträumt: dass Leute aus der westlichen Welt dem Muslim per se den Krieg erklären. Nur verkennt Trump, dass er mit solchen Äußerungen kein Problem, sondern die eigene US-Verfassung angreift, die ja Religionsfreiheit und Toleranz gegenüber den Religionen festschreibt und welche Amerika einst stark gemacht hat. Für mich sind seine Worte ein Einknicken vor dem Terrorismus!

Macht es Ihnen bei aller Kritik, die gestern laut wurde, Sorge, dass Trumps Forderungen das Denken vieler Menschen widerspiegeln?Mazyek: Wir erleben seit Pegida ohnehin schon einen Rechtsruck in Deutschland, in Europa. Fast täglich brennt heute ein Flüchtlingsheim. Natürlich mache ich mir Sorgen.

IS-Experten sehen die Eindämmung der Terrormiliz als einzige erfolgversprechende Strategie. Sie aber haben sich in den letzten Tagen sehr kritisch zum militärischen Engagement in Syrien geäußert. Warum?
Mazyek: Ich bin gegen den aktuellen Waffengang, weil nicht klar definiert ist, wofür er ist. Jeder Staat verfolgt in Syrien Einzelinteressen, was in Summe Chaos und Vernichtung sät. Ich lehne nicht per se jeden Waffengang ab, aber er muss Hand und Fuß haben. Der Zentralrat der Muslime hat etwa schon vor drei Jahren einen humanitären Korridor gefordert, über den Syrer versorgt werden und Flüchtlinge sicher hätten passieren können. Dieser Korridor hätte natürlich genau wie eine Flugverbotszone militärisch geschützt werden müssen. Aber diese militärische Hilfe ist unterlassen worden. Heute ist die Situation deswegen vielfach schlimmer.

Zweifeln Sie an der Strategie oder den Erfolgsaussichten der militärischen Intervention?
Mazyek: Die Rezeptur des Krieges gegen den Terror hat in der Vergangenheit versagt, Luftangriffe werden noch mehr Terror provozieren. Es liegt auf der Hand, dass irrtümlich auch zivile Ziele getroffen werden. Davon wird der IS nur profitieren. Außerdem wissen wir, dass er schon heute über unterirdische Tunnel die Ballungsgebiete seiner besetzten Gebiete erreicht. Kein Flugzeugträger und keine Rakete der Welt wird dem beikommen.

Was würde in Syrien helfen?
Mazyek: Wir müssen alle Regionalmächte an den Verhandlungstisch zwingen. Außerdem müssen die Waffenexporte an sie gestoppt werden. Sollte der Frieden militärisch gesichert werden können, braucht es einen Marshall-Plan für den Nahen Osten und die Sicherheit für Hunderttausende potenzielle Heimkehrer, dass sie nicht verhungern werden. Gleichzeitig müssten der Westen und Russland die arabischen Staaten, einschließlich dem Irak, zwingen, Bodentruppen zu entsenden und diesem Satan-Staat, wie ich ihn nennen würde, den Garaus machen.

Ich würde mit Ihnen gern noch über Flüchtlinge sprechen, die nach Deutschland kommen. Ex-Bundespräsident Christian Wulff und Familienministerin Manuela Schwesig appellieren an muslimische Verbände, mehr Verantwortung bei der Integration zu übernehmen, einheimische Muslime zu Lotsen für Neuankömmlinge werden zu lassen. Wird der Zentralrat der Muslime dem Appell folgen?
Mazyek: Natürlich, Wulff und Schwesig rennen bei mir offene Türen ein, auch weil viele Gemeinden von uns das längst tun.Wir sind schon dabei, Hunderte Integrationslotsen auszubilden, brauchen aber auch Unterstützung durch die öffentliche Hand. Darüber sind wir mit Berlin im Gespräch und ich bin vorsichtig optimistisch, dass wir in dem Punkt weiterkommen.

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