Nordrhein-Westfalen Düsseldorf will eigenen Verfassungsschutz behalten

Düsseldorf · NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) hat den Vorstoß von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) zur stärkeren Bündelung von Sicherheitskompetenzen im Kampf gegen Terroristen zurückgewiesen.

„Es wäre völlig verkehrt, jetzt den Föderalismus zu zerfleddern“, sagte Jäger am Dienstag. Die Landesämter für Verfassungsschutz abzuschaffen, um sie durch eine riesige Bundesbehörde zu ersetzen, mache Deutschland im Kampf gegen den Terrorismus „nicht besser, sondern bürokratischer und behäbiger“, so der NRW-Innenminister.

„Dass der Bund bei der Rückführung abgelehnter Asylbewerber mehr Verantwortung übernehmen will, kann ich nur begrüßen. Bessere Rückführungsabkommen mit Marokko, Algerien und Tunesien wären ein Anfang“, kommentierte Jäger. Der Städte- und Gemeindebund unterstützte die Idee der Bundesausreisezentren anstelle der bisherigen Zuständigkeit von Ländern und Kommunen. „Nur so können die vielfältigen Probleme bei der Rückführung abgelehnter Asylsuchender effizient gelöst werden“, erklärte der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes NRW, Bernd Jürgen Schneider.

Auch die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) befürwortete, dass de Maizière die Überforderung mancher Länder bei der Durchsetzung von Abschiebungen beseitigen wolle. FDP-Chef Christian Lindner forderte von der rot-grünen Landesregierung mehr Gesprächsoffenheit: „Eine reflexhafte Ablehnung der Vorschläge ist falsch. Das größte Bundesland darf eine Debatte über die Sicherheitsarchitektur nicht boykottieren.“

Anlass für de Maizières Überlegungen ist der Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt mit zwölf Toten kurz vor Weihnachten. Der mutmaßliche Attentäter Anis Amri war den Sicherheitsbehörden als „Gefährder“ bekannt, war in NRW gemeldet und vernetzt und wurde über Monate überwacht. Trotzdem verzichtete die zuständige Ausländerbehörde Kleve nach einer gescheiterten Abschiebung des Ausreisepflichtigen nach Tunesien auf strenge Auflagen, die möglich gewesen wären. Offenbar fürchtete NRW eine Kollision mit einem parallelen strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen Amri bei den Berliner Behörden. Jäger muss sich zu möglichen Versäumnissen in einer Sondersitzung des Innenausschusses am Donnerstag im Landtag äußern. „Wenn Jäger als NRW-Innenminister im Fall Amri und in der Aufstellung der NRW-Sicherheitsbehörden insgesamt seine Hausaufgaben gemacht hätte, wäre diese Debatte nicht notwendig“, sagte CDU-Fraktionsvize Peter Biesenbach.

Der NRW-Verfassungsschutz ist beim Innenministerium in Düsseldorf angesiedelt und beschäftigt knapp 350 Mitarbeiter. Der Nachrichtendienst beobachtet extremistische Strömungen, wertet öffentlich zugängliche Quellen etwa im Internet aus und beleuchtet mit V-Leuten und verdeckter Überwachung Gefährderkreise. Etwa ein Drittel der operativ eingesetzten Kräfte befasst sich mit der stark wachsenden Salafisten-Szene in NRW.

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