Nürburgring-Affäre Ein "Blender" vor Gericht

MAINZ · In Mainz beginnt am Montag der Prozess gegen gegen Schweizer Finanzvermittler Urs Barandun.

 Abenteuerliche Geschichte: Seit Jahren sorg der Ring auch für Schlagzeilen jenseits des Rennsports.

Abenteuerliche Geschichte: Seit Jahren sorg der Ring auch für Schlagzeilen jenseits des Rennsports.

Foto: dpa

Man wäre gerne Mäuschen gewesen an jenem 3. Juli 2009. Am Rande des Rheinland-Pfalz-Tages in Bad Kreuznach musste der damalige Finanzminister Ingolf Deubel seinem Chef Kurt Beck beichten, dass die Finanzierung des Nürburgring-Freizeitzentrums geplatzt war. Eine Bank aus London hatte Alarm geschlagen: Zwei vom Finanzvermittler Urs Barandun übergebene Schecks könnten demnach gestohlen und das Konto des angeblichen US-Investors nicht gedeckt sein. Beck zog die Reißleine, Deubel trat drei Tage später zurück, der Rest der Geschichte ist bekannt.

Barandun, jener schillernde Zeitgenosse aus der Schweiz mit zeitweiligem Wohnsitz in Dubai, muss sich nun selbst vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft hat ihn wegen Urkundenfälschung in zwei Fällen angeklagt, am Mittwoch, 13. Januar, startet am Landgericht Mainz der Prozess.

Keine große, spektakuläre Verhandlung dürfte das werden. Aber Erinnerungen an eine Geschichte werden wach, die so abenteuerlich ist, dass man heute noch verwundert sein kann, wie Kurt Beck sie politisch überlebte. Im Herbst 2008 und Frühjahr 2009 suchte Finanzminister Deubel händeringend nach privaten Millionen für den Nürburgring-Ausbau. Barandun sollte die Millionen vermitteln. Der Schweizer überzeugte den Finanzminister gleich zweimal, zu veranlassen, Steuergelder in Höhe von 120 Millionen US-Dollar als Bardepot in die Schweiz zu überweisen. Damit sollte die Zahlungskraft der nahezu landeseigenen Nürburgring GmbH nachgewiesen werden, ein Irrsinn.

Mehrere Anläufe, Investoren zu finden, scheiterten. Barandun zauberte ständig neue Vorschläge aus dem Hut, etwa die Maya Petroleos S.A. aus Guatemala, die angeblich eine Ölplattform in Mexiko betrieb. Eine Bonner Kanzlei durchleuchtete das Unternehmen, fand aber weder eine Homepage noch eine Telefonnummer. Bizarr auch, dass der angegebene Jahresumsatz von Maya mit 63 Milliarden Dollar höher war als der gesamte Umsatz mit Öl im Golf von Mexiko.

Schließlich gewann der Schweizer vermeintlich den steinreichen US-Industriellen Pierre S. Dupont als Investor. Barandun übergab zwischen dem 29. Juni und dem 3. Juli 2009 zwei von ihm unterschrieben Schecks über 67 und 33 Millionen US-Dollar an Vertreter der Nürburgring GmbH. Der erste Scheck war nicht gedeckt, der zweite wurde gar nicht mehr eingereicht. Barandun hatte laut Anklagebehörde keine Bankvollmacht. Auf dem Konto der Miracle Asset Management, Beverly Hills (zu deutsch "Wundervermögensverwaltung"), angebliche Firma von Dupont, waren nur 57 Dollar und 18 Cent. Zuvor hatte Barandun die Kopie eines Kontoauszugs der "Wundervermögensverwaltung" über 138 Millionen Dollar vorgelegt.

Dieser soll laut Staatsanwaltschaft gefälscht gewesen sein. Zur Anklage reichte es hier aber nicht, weil es sich nur um eine Kopie handelte. Auch konnte Barandun nicht wegen Betrugs angeklagt werden. Deubel hatte im Prozess Barandun als "Blender und Berufsverbrecher" bezeichnet. Der Schweizer wiederum hatte sich im Sommer 2011 auf seiner Homepage verteidigt und behauptet, der Nürburgring-Deal sei geplatzt, weil die Politik zu hohen Druck ausgeübt habe.

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