Nahles auf Sommerreise Ein Gipfeltreffen und ein Funken roter Hoffnung

Dietfurt/Neumarkt · Während Bayerns Kabinett auf der Zugspitze tagt, besucht SPD-Chefin Andrea Nahles einen der schwärzesten Landkreise der Republik.

 Bier und Bayern-Wahlkampf: Andrea Nahles stoppt vor ihrer Rückkehr nach Berlin noch bei der Lammsbrauerei in Neumarkt. FOTO: DPA

Bier und Bayern-Wahlkampf: Andrea Nahles stoppt vor ihrer Rückkehr nach Berlin noch bei der Lammsbrauerei in Neumarkt. FOTO: DPA

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Vielleicht hilft Höhenluft. 2962 Meter über dem Meeresspiegel. Umweltforschungsstation Schneefernerhaus, Zugspitze. Markus Söder hat sein Kabinett an diesem Dienstag am höchsten Punkt der Republik versammelt. Natürlich ein Symbol mit Blick auf die Bayern-Wahl am 14. Oktober. Ein Gipfeltreffen gegen aktuell miese Umfragewerte von 38 Prozent. Mit weitem Blick in ein Bundesland, das über Jahrzehnte fest in CSU-Hand war.

Aber jetzt droht den Christsozialen bei der Landtagswahl womöglich ein Debakel. Absturz unter 40 Prozent, Verlust der absoluten Mehrheit. Über Wochen hat die CSU die Republik mit ihren Forderungen zur Flüchtlingspolitik in Bann gehalten, die Regierung in Berlin an den Rand des Scheiterns gebracht. Und jetzt? Viel Rauch um wenig – wegen durchschnittlich fünf Flüchtlingen täglich an der deutsch-österreichischen Grenze, die zurückgewiesen würden.

Während sich Söder und CSU-Minister oben auf der Zugspitze Mut machen für die kommenden Wahlkampfwochen, beackert SPD-Chefin Andrea Nahles unten bereits die Fläche in der bayerischen Provinz. Sie ist angekommen in der Oberpfalz, eigentlich festes CSU-Terrain, aber in Dietfurt im Altmühltal, 6000 Einwohner, hat es Carolin Braun vor vier Jahren tatsächlich geschafft, diese Domaine zu brechen.

Die Bürgermeisterin sagt selbstironisch: „Ich habe gleich drei Handicaps: Ich bin aus Oberbayern, was man in der Oberpfalz nicht so mag, ich bin Frau und ich bin von der SPD.“ Trotzdem hat Braun die Bürgermeisterwahl gegen einen CSU-Kandidaten klar gewonnen: mit rund 66 Prozent. Ein Ergebnis, das Nahles kennt, seit sie vor 100 Tagen mit gleichfalls 66 Prozent als erste Frau in der Parteigeschichte zur SPD-Chefin gewählt worden ist. Braun regiert ohne Mehrheit im Stadtrat von Dietfurt, die SPD hat dort vier von 20 Sitzen. Nahles sagt zur Lage im Bund: „Wir müssen in Umfragen noch eine Schippe drauflegen.“

Chinesen-Fasching

Dietfurt liegt in Bayerisch-China, wie sie hier wegen des seit 90 Jahren stattfindenden Chinesen-Faschings sagen – mit dem aktuellen Kaiser Fu Gao Di. Alles etwas anders hier, was vielleicht auch erklärt, warum es eine SPD-Kandidatin geschafft hat, in einem der schwärzesten Landkreise der Republik mit einst Zustimmungswerten für die CSU von bis zu 70 Prozent Bürgermeisterin zu werden.

Chinesen-Fasching, ein schönes Thema für Nahles, ehemaliges Funkenmariechen und Karnevals-Freundin. Am Nachmittag wird sich Braun ihr offizielles Chinesen-Gewand, das in ihrem Amtszimmer hängt, überziehen und Touristen begrüßen. Nahles will nichts versprechen, aber vielleicht kommt sie eines Tages einmal zum Chinesen-Fasching ins Altmühltal: „Es hätte seinen Reiz.“

Der CSU ist gerade nicht nach Frohsinn, Karneval und Chinesen-Fasching. Ministerpräsident Söder hat aufgehört, permanent mit der Vokabel „Zurückweisung“ durch den Freistaat zu ziehen, seit seine Partei wegen ihrer Flüchtlingspolitik an Zustimmung verloren hat. Jetzt spielt die Musik bei der CSU wieder anders: moderater, konzilianter, Abkehr vom ganz harten Asylkurs. Geschmeidiger Themenschwenk beim Gipfel auf der Zugspitze: Umweltschutz, nicht Flüchtlingspolitik.

Nahles stoppt vor ihrer Rückkehr nach Berlin noch bei der Lammsbrauerei in Neumarkt in der Oberpfalz, Nummer eins für Biobier in Deutschland. Bier und Bayern-Wahlkampf, aber nachhaltig. So hätte Nahles auch gern das Wachstum für ihre Partei – in Bayern, in Hessen, in Deutschland. Sie bekommt eine Flasche Starkbier, Sonderedition, Alkoholgehalt 7,3 Prozent. Das richtige für einen Wahlkampf. Für die SPD wäre das ein Riesensprung: 7,3 Prozent plus, erst recht in Bayern. Wann es für die SPD wieder nach oben gehe mit den Umfragewerten, wird sie noch gefragt. Nahles ist noch im Stadium der Hoffnung: „Ja, kommt noch.“

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