Heiko Maas Ein Minister fährt die harte Tour

BERLIN · Irgendwas bleibt immer hängen. Das weiß Heiko Maas nach einem Rauswurf, der ihm nicht leicht gefallen ist. Der Bundesjustizminister hat gehandelt, weil er musste.

 Heiko Maas (SPD) äußerte sich am Dienstag vor Journalisten.

Heiko Maas (SPD) äußerte sich am Dienstag vor Journalisten.

Foto: dpa

Ein Minister, den Spitzenbeamte ungestraft vor Fernsehpublikum kritisieren dürfen, wäre aller Voraussicht nach nicht mehr allzu lange Minister.

Mit der Entlassung des plötzlich ungewohnt störrischen Generalbundesanwalts Harald Range hat Maas Spielraum zurückgewonnen, auch wenn beispielsweise FDP-Vize Wolfgang Kubicki SPD-Mann Maas vorhält: "Der Bundesjustizminister irrt, wenn er glaubt, hierdurch von seinem eigenen eklatanten Versagen ablenken zu können." Immerhin: Maas hat die Rückendeckung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), mit der er sich vor Ranges Rauswurf eng abgestimmt hatte.

Dass ein hoher Staatsdiener seinen Dienstherrn, den Bundesminister der Justiz, in einer dazu eigens angesetzten Pressekonferenz angeht, ist ziemlich einmalig in der deutschen Justiz. Ebenso einmalig ist aber auch die Entlassung des Generalbundesanwalts wegen eines laufenden Ermittlungsverfahrens. Und Maas bleibt die Antwort auf die Frage schuldig: Warum hat der SPD-Politiker mehr als zehn Wochen gewartet, ehe er am Dienstagabend nach Ranges öffentlicher Kritik der politischen Einflussnahme durch ihn, den Minister, nicht anders konnte, als den Generalbundesanwalt zu entlassen? Schließlich wusste Maas seit Ende Mai von dem Ermittlungsverfahren gegen den Blog "netzpolitik.org". Es darf weiter gerätselt werden, wer oder was Range, der nicht als Mann des zugespitzten Wortes gilt, getrieben hat, derart offensiv gegen seinen Dienstherrn aufzutreten. Ein Rauswurf wie gewollt - erstaunlich für einen zurückhaltenden älteren Herrn, auch wenn dieser sonst oberster Terror- und Spionageermittler der Bundesrepublik ist.

Dabei lässt sich trotz der abrupten Wende in diesem Fall leicht sagen, dass der Wechsel von Range zu dessen Nachfolger Peter Frank lange geplant war. Der Münchner Generalstaatsanwalt Frank sollte ohnehin Range beerben, wenn dieser im Februar mit dann 68 Jahren in den Altersruhestand gegangen wäre. Jetzt kommt alles ganz schnell. Und Maas muss bei all den Nebengeräuschen rund um die Entlassung Ranges aufpassen, dass er nicht die Deutungshoheit verliert. Einmal schon musste sich der Bundesjustizminister gewissermaßen vorführen lassen, als er auf Geheiß von SPD-Chef Sigmar Gabriel einen Gesetzentwurf für die Vorratsdatenspeicherung vorlegen musste. Gegen seine Überzeugung. Maas gehorchte.

Der Minister verweist darauf, er habe sauber gehandelt, weil er den Generalbundesanwalt im laufenden Verfahren gegen die beiden Blogger wegen des Verdachts des Landesverrats kein einziges Mal persönlich in der Sache ans Telefon geholt oder sonst gesprochen hat. Eine bewusste Entscheidung. Doch inzwischen sind gegen Maas mehrere Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft Berlin wegen Strafvereitelung im Amt eingegangen.

Stattdessen setzten sich die beamtete Justiz-Staatssekretärin Stefanie Hubig und der Abteilungsleiter Strafrecht im Ministerium mit Range in Verbindung. "Gemeinsam" sei dabei verabredet worden, das bestellte externe Gutachten zu stoppen und - auch zur Beschleunigung des Verfahrens - sich auf eine Bewertung aus dem Hause Maas zu stützen. Die soll heute fertig sein. Der Minister sah es besonders problematisch an, dass der Verfassungsschutz, der die Veröffentlichung interner Dokumente durch die Blogger angezeigt hatte, auch noch das Gutachten lieferte. Ein Parteigutachten, wie es unter Juristen heißt.

Für Ex-Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) ist ohnehin ausgemacht, wer "der eigentliche Brandstifter" ist: Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen. Gestern Abend übrigens ist der Blog für digitale Bürgerrechte "netzpolitik.org" in Berlin mit einem Preis des Wettbewerbs "Deutschland - Land der Ideen" ausgezeichnet worden. Gute Idee? Maaßen und Range dürften da etwas anderer Meinung sein.

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