CSU-Parteitag Ein Parteitag der Watschn

München · Von Angela Merkel lernen, heißt siegen lernen? Das glaubt die CSU schon seit geraumer Zeit nicht mehr. Von Horst Seehofer lernen, heißt Benehmen lernen? Auch daran gibt es, nicht erst seit gestern, Zweifel in der Partei.

 Von Horst Seehofer lernen, heißt Benehmen lernen? Daran gibt es, nicht erst seit gestern, Zweifel in der Partei.

Von Horst Seehofer lernen, heißt Benehmen lernen? Daran gibt es, nicht erst seit gestern, Zweifel in der Partei.

Foto: dpa

Und weil das so ist, geben die Delegierten des CSU-Parteitages ihrem Chef, der noch am Vorabend vor Stärke kaum laufen konnte, einen Denkzettel. "Nur" mit 87,2 Prozent bestätigen sie ihn am Samstagmittag im Parteivorsitz, nach 95,3 Prozent vor zwei Jahren. Mit Inhalten hat das freilich wenig zu tun. Wie ein Mann steht die CSU hinter dem Merkel-kritischen Kurs ihres Vorsitzenden.

Die Lektion bekommt der 66-jährige Parteichef vielmehr, weil er sich nach Ansicht vieler Delegierter schlecht benommen hat. Er, der im Vorfeld des Parteitags seinen ärgsten Widersacher, Finanz- und Heimatminister Markus Söder (manche nennen ihn derzeit Heimatschutzminister), öffentlich gewatscht hat, als der nach den Anschlägen von Paris eine Kurskorrektur in der Flüchtlingspolitik forderte - ein Ziel, das Seehofer und Söder eigentlich eint. Garniert hatte der Parteichef die Watschn für Söder mit der Forderung an alle, der Bundeskanzlerin auf dem Parteitag einen höflichen Empfang zu bereiten. Die Delegierten halten sich bis zur Selbstverleugnung dran, der Parteichef nicht.

Vergeblich bemüht sich Seehofer in seiner 90-minütigen Rede vor seiner Wiederwahl, die Gemüter zu beruhigen. Zu Söder fällt ihm ein: "Ich mache Fehler. Markus Söder macht Fehler. Ich geb' sie zu - manchmal. Markus Söder gibt sie zu - neuerdings." (Merkels Behandlung sieht er auch gestern noch nicht als Fehler an.) Dann die Merkel-Passage: "Bei allen Diskussionen, die wir haben: Wir haben eine erstklassige Bundeskanzlerin", ruft er dem Parteivolk zu, und den Journalisten diktiert er in den Block: "Achtung, das ist keine Korrektur. Das hab ich gestern auch so gesagt." Was stimmt.

Und weil der CSU-Chef weiß, wie groß die Verärgerung ist, gibt er sogar freiwillig noch einen Treueschwur ab, 2016 jährt sich der Trennungsbeschluss der CSU-Landesgruppe von der Unionsfraktion zum 40. Mal: "Getrennt marschieren, vereint schlagen? Da halte ich nichts davon. Die Trennungsverluste wären viel zu groß." Ziel der CSU müsse vielmehr sein, in die CDU politisch hineinzuwirken.

Und das tut sie. Wie man auch gestern wieder merkt, Thomas de Maiziére, der Innenminister, der seit Wochen einen härteren Flüchtlingskurs als seine Chefin fährt, lobt das Bemühen um Flüchtlingskontingente, was ja nur ein anderes Wort für Flüchtlings-Obergrenzen ist. Merkel lehnt sie auf nationaler Ebene standhaft ab, im europäischen Rahmen aber längst nicht mehr. Auf dem CSU-Parteitag, wo alle die "Obergrenze" als Symbol für eine echte Begrenzung des Zustroms hochhalten, fragt sich andererseits der eine oder andere, wie das denn praktisch gehen könnte.

Seehofer ficht das nicht an. Er stellt seine Grundsatzrede ganz ins Zeichen von Sicherheit und Ordnung, auch damit rechts von der CSU keine Partei groß werden kann: "Wir sind die Partei der bürgerlichen Mitte und des demokratischen Spektrums rechts." Und: "Mit braunen und rechten Dumpfparolen hat die CSU überhaupt nichts am Hut."

Erstes Hauptziel laut CSU-Chef: "Der Staat muss wieder Sicherheit geben." Deshalb zum Beispiel fordert er die Wiedereinführung nationaler Grenzkontrollen. Zweites Hauptziel: Eine "Kultur der Vernunft" statt einer Willkommenskultur à la Merkel. Aber hinter der verbalen Differenz steht keine so große inhaltliche. Seehofer plädiert wie Merkel für Humanität im Umgang mit Flüchtlingen, will wie Merkel deren Integration, aber auch deswegen die Begrenzung der Flüchtlingszahl. Was die Kanzlerin auf dem Parteitag im Übrigen zum x-ten Mal auch zugesagt hat. Seehofer bilanziert: "Wir haben eigentlich alles erreicht, was wir wollten." In Merkels Ohren wird das wie eine Drohung klingen...

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