de Maizière lehnt neue Gesetze zur Zuwanderung ab Eine Frage der richtigen Signale

BERLIN · Wären alle Zuwanderer wie Erol Pürlü - das strittige Thema müsste nicht auf beachteten Bühnen wieder dieser im lichtdurchfluteten Saal eines Kongresszentrums direkt am Brandenburger Tor diskutiert werden.

 Emotional aufgeladenes Thema: Bundesinnenminister Thomas de Maizière.

Emotional aufgeladenes Thema: Bundesinnenminister Thomas de Maizière.

Foto: dpa

Hinter der Überschrift "Zuwanderung nach Deutschland - Einwanderungsland Bundesrepublik?" steht wohl gemerkt noch ein Fragezeichen, obwohl der Gastgeber, Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), gleich zu Beginn sagt: "Deutschland ist empirisch gesehen längst ein Einwanderungsland." Mit inzwischen 8,2 Millionen Menschen nicht-deutscher Herkunft sei "das Ob längst entschieden". Viel interessanter sei deshalb "die Frage nach dem Wie", leitet de Maizière einen langen Konferenztag über die Perspektiven und Chancen von Zuwanderung nach Deutschland ein.

Pürlü jedenfalls berichtet von einer langen Reise. Vom Aufbruch aus der einen Kultur bis zur echten Ankunft in der neuen, zunächst fremden kann es dauern. Fließend Wasser und zu Hause funktionierender Strom - nicht selbstverständlich für ihn, als er in den 70er Jahren achtjährig mit seinen Eltern aus Mittelanatolien nach Deutschland kam. Heute spricht Pürlü für den Verband der Islamischen Kulturzentren in Deutschland zur Zuwanderung. Er ist Imam und Gefängnisseelsorger und stellt zu einem Thema, das laut de Maizière "emotional aufgeladen wie kaum ein anderes ist", fest: "Wir sind heute sehr viel weiter." Aus Hinterhofmoscheen seien vielerorts "sichtbare Moscheen mit Minarett" geworden. Pürlü stellt sich im Einwanderungsland ein Zusammenleben vor, "in dem mein Muslimsein zur Normalität wird".

Doch so weit ist es noch nicht, auch wenn Christine Langenfeld vom Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration sagt: "Deutschland ist auf dem Weg zu einer Willkommenskultur ein Stück vorangekommen." Trotzdem schafft das Zusammenleben der Kulturen Konfliktstoff. Uwe Lübking vom Städte- und Gemeindebund beklagt wegen der Ansiedlung von Flüchtlingen so viele Anfeindungen gegen Bürgermeister wie nie in den vergangenen 30 Jahren. De Maizière erinnert an den Brandanschlag in Tröglitz, wo Unbekannte an Ostern ein künftiges Flüchtlingswohnheim angezündet hatten. Zuwanderung wie auch Schutz für Flüchtlinge müssen für den Bundesinnenminister an feste Kriterien geknüpft sein.

De Maizière macht deutlich, dass für ihn ein Statuswechsel für beruflich qualifizierte Asylbewerber nicht in Frage kommt. Es wäre "nicht das richtige Signal" würde ein Asylantrag auch ohne politische Verfolgung zur Aufnahme in Deutschland führen. Zudem betont der CDU-Politiker, dass Gesetzesänderungen die Zuwanderung Qualifizierter nach Deutschland nicht per se fördere. Zuwanderer würden "nicht von vermeintlich komplizierten Gesetzeswerken abgeschreckt". Stattdessen sprach sich de Maizière für ein "Zuwanderungsmarketing" aus, insbesondere um Qualifizierte aus der EU nach Deutschland zu holen.

Pürlü jedenfalls ist angekommen in Deutschland. Wenn heute sein Sohn sagt: "Papa, lass' uns nach Hause gehen", dann ist für den bayerisch-schwäbisch sozialisierten Imam mit Wohnsitz in der "weltoffenen Stadt Köln" die Richtung klar: "Zuhause - das ist Deutschland, Köln."

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