Nichteinhaltung des Mindestlohns Eine Geldbuße von einer halben Million Euro
DÜSSELDORF · Arbeitgeber, die sich nicht an den ab Donnerstag, 1. Januar, geltenden Mindestlohn halten, müssen mit unangekündigten Kontrollen, harten Strafen und auch mit Nachforderungen rechnen. "Wer sich nicht dran hält, wird empfindlich bestraft", sagte der nordrhein-westfälische Arbeitsminister Guntram Schneider (SPD) dem General-Anzeiger.
Bei Verstößen drohten Geldbußen von bis zu 500.000 Euro. Arbeitnehmer könnten bis zu drei Jahren nach der eigentlich fälligen Lohnzahlung klagen, wenn ihnen nicht der volle Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde gezahlt worden sei.
Schneider kündigte eine verstärkte Zusammenarbeit des nordrhein-westfälischen Arbeitsschutzes mit der Finanzkontrolle Schwarzarbeit an. Hinweise auf Verstöße würden sofort an die Hauptzollämter weitergeleitet. Der gesetzliche Mindestlohn gilt zwar ab Januar 2015. Für eine Übergangsfrist gibt es allerdings vereinzelte Ausnahmeregelungen. Spätestens ab 1. Januar 2017 gilt der Mindestlohn dann ausnahmslos. Eine Kommission mit Vertretern von Arbeitgebern, Gewerkschaftern und der Wissenschaft wird spätestens alle zwei Jahre Vorschläge für eine Mindestlohn-Anpassung machen, die sich an den Tariflöhnen orientiert.
"Eine zentrale Herausforderung besteht darin, auch bei den Arbeitgebern für eine breite Akzeptanz des Mindestlohns zu sorgen", sagte Schneider. "Deswegen wollen wir informieren und kontrollieren. Gesetze sind dazu da, eingehalten zu werden." Bei Verstößen haben auch die Sozialversicherungsträger Anspruch auf Nachforderungen gegenüber Arbeitgebern. Nach dem Sozialgesetzbuch muss der Arbeitgeber bei einer Nachforderung der Sozialversicherungsbeiträge außerdem den sogenannten "Gesamtsozialversicherungsbeitrag" zahlen - also nicht nur den Arbeitgeberanteil, sondern auch den Arbeitnehmeranteil. "Das wird teuer!", warnte Schneider.
Der Landesarbeitsminister will durch scharfe Kontrollen vor allem diverse Umgehungsstrategien verhindern. Dazu zählen Schwarzarbeit und die unkorrekte Zeiterfassung zur Senkung der Lohnhöhe.
In folgenden Anzeichen sieht Schneider einen möglichen Missbrauch beim Mindestlohn:
- Unbezahlte Mehrarbeit ohne vertragliche Vereinbarung.
- Zahlung des Mindestlohns, aber überhöhte Abzüge für Transport, Unterkunft oder Verpflegung.
- Zahlung des Mindestlohns, aber unbegründete Abzüge für vermeintliche Schlechtarbeit oder beschädigtes Arbeitsmaterial.
- Ungewöhnliche Nutzung von Teilzeit bzw. kurzen Wochenarbeitszeiten (Baugewerbe, Gastronomie).
Unterlaufen werden könne der Mindestlohn auch durch Bezahlung nach Stücklohn (Paketdienste) und einer Berechnung des Lohns nach einer unrealistisch hohen Stückzahl, sagte der Arbeitsminister. Auch die Ausdehnung der Scheinselbstständigkeit sieht Schneider als Risiko. Das Landesministerium hat eine Telefonhotline eingerichtet, um Fragen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern zum Mindestlohn zu beantworten.
Die Telefonhotline des Ministeriums ist montags bis freitags von 8 bis 18 Uhr unter der Nummer 0211/ 855-3111 erreichbar.
Vergleich mit Nachbarn
In vielen Nachbarländern gilt bereits seit Jahren ein gesetzlicher Mindestlohn. In den Niederlanden wurde er zum Beispiel 1968 eingeführt. Er wird zweimal jährlich an die Tariflöhne angepasst. Bei Stücklohn muss ein normales Arbeitstempo zugrunde gelegt werden. Auch in Frankreich und Großbritannien gibt es Mindestlöhne. Frankreichs Gewerkschaften haben ein Verbandsklagerecht, das es in Deutschland nicht gibt. In Frankreich sind Verstöße beim Mindestlohn zunächst eine Ordnungswidrigkeit - können aber zum Strafverfahren führen. Bei der Einhaltung des Mindestlohns gelten der Groß- und Einzelhandel, Hotels, Gaststätten, Putzdienste und Teile des Transportwesens als besonders kritisch.