Tajani appelliert an Berlin Europäische Armee: Linke übt scharfe Kritik an Merkel

Straßburg · Mit ihrer Europa-Rede erntet die Bundeskanzlerin einige Anerkennung, aber auch scharfen Widerspruch. Einer erinnert sie an die Verantwortung Deutschlands.

Die Linke hat die Unterstützung von Bundeskanzlerin Angela Merkel für eine europäische Armee scharf kritisiert.

"Merkel darf Macron nicht auf dem Weg zu einer europäischen Armee, zu einer militärischen Union folgen", warnte die Fraktionschefin im Europaparlament, Gabriele Zimmer, nach Merkels Rede in Straßburg. Stattdessen solle sich Merkel für Abrüstung einsetzen und deutsche Waffenexporte stoppen. Der FDP-Politiker Alexander Graf Lambsdorf meinte hingegen, Merkels Forderungen gingen in die richtige Richtung.

Die Kanzlerin hatte am Dienstag in der Rede im Europaparlament gesagt: "Wir sollten an der Vision arbeiten, eines Tages auch eine echte europäische Armee zu schaffen." Sie warb zudem für Solidarität in Europa und wandte sich gegen nationale Alleingänge, etwa bei der Aufnahme von Schulden oder Einschränkungen der Rechtsstaatlichkeit. Ihre Rede wurde von Applaus, aber auch von Buhrufen begleitet.

Die gespaltene Reaktion zeige, "wohin die zögerliche, widersprüchliche und zumeist aufs kurzsichtige Eigeninteresse ausgerichtete Europapolitik der Bundesregierung geführt hat", kommentierte der Grünen-Fraktionschef im Bundestag, Anton Hofreiter. Die Bundesregierung dürfe in Europa nicht ständig blockieren wie zuletzt bei der Digitalsteuer oder CO2-Grenzwerten für Autos.

EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani dankte Merkel für ihre Rede, richtete aber anschließend auch einen Appell an sie. "Deutschland hat eine zentrale Verantwortung, das europäische Projekt voranzubringen", erklärte er. Tajani forderte die sofortige Einigung auf eine Asylreform einschließlich eines "verpflichteten Systems zur gleichmäßigen Verteilung von Flüchtlingen auf alle Mitgliedsstaaten". Zudem drang er erneut auf einen Marshall-Plan für Afrika. Den Plan einer eigenen europäischen Armee hieß Tajani gut.

Der Kandidat für den CDU-Vorsitz, Jens Spahn, plädiert ebenfalls für die Gründung europäischer Streitkräfte - einschließlich einer Beschneidung der Mitwirkungsrechte des Bundestags bei Einsätzen. "Wir werden den Parlamentsvorbehalt relativieren müssen. Wenn wir EU-Eingreiftruppen wollen, muss Europa schnell und verbindlich entscheiden können", sagte der Bundesgesundheitsminister dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Der frühere AfD-Chef Bernd Lucke meinte, nicht eine europäische Armee sei nun wichtig, sondern die Flüchtlings- und die Italienkrise. Die EU habe nach wie vor kein funktionierendes Konzept für den Umgang mit Flüchtlingen und Asylbewerbern. Auch die Eurokrise schwele.

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