Ex-SPD-Chef Sigmar Gabriel zieht sich zurück

Berlin · Sigmar Gabriel war SPD-Chef, niedersächsischer Ministerpräsident, Vizekanzler, Umwelt-, Wirtschafts- und Außenminister. Über Jahrzehnte prägte er die sozialdemokratische Politik. Doch als Andrea Nahles die Geschicke übernahm, musste er sich in die dritte Reihe zurückziehen. Jetzt zieht er einen Schlussstrich.

Ex-SPD-Chef Sigmar Gabriel zieht sich zurück
Foto: dpa/Kay Nietfeld

Gabriel liebt die Debatte, liebt die Auseinandersetzung, er provoziert, reizt, nervt - und er treibt damit sich, seine Mitstreiter und Gegner gleichermaßen an. Das wird wohl so bleiben, auch wenn Gabriel zwei Wochen nach seinem 60. Geburtstag den politischen Rückzug angekündigt hat. Zum 1. November will er sein Bundestagsmandat niederlegen und sich damit früher als geplant aus der aktiven Politik zurückziehen. Das teilte der Abgeordnete des Wahlkreises Salzgitter-Wolfenbüttel Freunden und Weggefährten in einem Brief mit.

"Das ist ein Schritt, der mir nach 30 Jahren Parlamentszugehörigkeit für unsere Region wahrlich nicht leichtfällt", schreibt Gabriel. Es habe "sehr persönliche Gründe", dass er nach etwas mehr als der Hälfte der Legislaturperiode ausscheide.

"Der wichtigste ist mein Gefühl, dass ich mit 60 Jahren jetzt noch einmal die Chance habe, etwas Neues anzufangen." Er gibt die Lehraufträge an den Universitäten Bonn und Harvard, seine Arbeit als Publizist und Redner zu internationale Fragen und das noch recht neue Ehrenamt als Vorsitzender der "Atlantik-Brücke" als weitere Gründe an. Gabriel bittet darum, ihm den Schritt "in ein etwas anderes Leben" nicht übel zu nehmen - bevor er auch seiner Verletzung über den Umgang mit seiner Person Ausdruck verleiht.

Er habe nach seinem Ausscheiden aus dem Amt als Außenminister zunehmend den Eindruck gewonnen, "dass die SPD auf Bundesebene meiner Möglichkeiten und Fähigkeiten nicht mehr bedarf", so Gabriel. "Und wenn man nicht mehr recht gebraucht wird, dann soll man besser gehen", schreibt er weiter.Tatsächlich verlor Gabriel nach der für die SPD desaströsen Bundestagswahl 2017 massiv an Einfluss.

Er war persönlich gekränkt, fühlte sich fallen gelassen, hintergangen. Andererseits konnte fast jeder Abgeordnete von Konflikten mit Gabriel berichten, von seiner Sprunghaftigkeit, seiner Unzuverlässigkeit. Zugleich zollten ihm selbst innerparteiliche Rivalen Respekt und Anerkennung für sein politisches Ausnahmetalent.

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