Zehn Jahre Elterngeld Finanzieller Schonraum

Bonn · Dank des Elterngeldes haben viele Familien im ersten Jahr nach der Geburt ihres Kindes deutlich mehr Geld. Verändert hat es auch die Rolle der Väter.

Zehn Jahre nach der Einführung des Elterngeldes zum 1. Januar 2007 stellt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) aus Berlin dem familienpolitischen Instrument ein gutes Zeugnis aus. Das Elterngeld sei weitestgehend akzeptiert und habe positive Effekte, zum Beispiel auf die Erwerbstätigkeit von Müttern und auf die Rolle von Vätern.

Das Elterngeld wird an Väter und Mütter für maximal 14 Monate gezahlt; beide können den Zeitraum frei untereinander aufteilen. Ein Elternteil kann mindestens zwei und höchstens zwölf Monate für sich in Anspruch nehmen, zwei weitere Monate gibt es, wenn sich der andere Elternteil an der Betreuung des Kindes beteiligt und den Eltern mindestens zwei Monate Erwerbseinkommen wegfällt. Seit Mitte 2015 gibt es das sogenannte Elterngeld Plus auch für Teilzeit arbeitende Eltern. Aus einem Elterngeldmonat werden zwei sogenannte Elterngeld-Plus-Monate.

Die Einführung des Elterngeldes, das das vorherige Erziehungsgeld abgelöst hat, habe das Einkommen für die meisten Familien im ersten Jahr nach der Geburt ihres Kindes substanziell erhöht und somit für diese Zeit einen finanziellen Schonraum geschaffen, urteilen die DIW-Wissenschaftler. Nachgewiesen sei auch, dass die Erwerbstätigkeit von Müttern insgesamt zugenommen hat.

„Im ersten Lebensjahr des Kindes haben Mütter tendenziell die Erwerbsbeteiligung zurückgefahren. Das betrifft insbesondere Mütter mit hohen Einkommen und einer guten Ausbildung“, sagt Katharina Wrohlich, stellvertretende Leiterin der Abteilung Staat beim DIW. Aber im zweiten Lebensjahr des Kindes sei die Erwerbsbeteiligung insbesondere von Müttern im unteren Einkommensbereich gestiegen. In dieser Hinsicht habe das Elterngeld sein Ziel erreicht.

„Seit der Einführung des Elterngeldes hat sich für Mütter etabliert, dass zwölf Monate die sozial erwünschte Dauer der Erwerbsunterbrechung ist“, so Wrohlich. „Und noch in einem anderen Punkt hat das Elterngeld die soziale Norm verändert: Es ist mittlerweile völlig normal und akzeptiert, dass Väter Elternzeit nehmen, wenn auch die meisten diese auf zwei Monate beschränken“, meint Katharina Spieß als weitere Studienautorin.

Vor 2007 haben weniger als drei Prozent aller Väter Elternzeit genommen, der Anteil liegt mittlerweile bei über 34 Prozent. Die Forschung zeige allerdings, dass dieses Phänomen nur „in bestimmten Konstellationen“ Effekte auf die Aufteilung der Familien- und Hausarbeit hat. Deren größter Teil liege bei den Müttern. Im Durchschnitt beziehen Mütter 11,6 Monate Elterngeld, Väter 3,1 Monate.

Dem Statistischen Bundesamt zufolge bezog für mehr als jedes dritte Kind (34,2 Prozent), das 2014 in Deutschland geboren wurde, nicht allein die Mutter, sondern auch der Vater Elterngeld.

Wenn der Wertewandel, den das Elterngeld eingeleitet habe, voranschreite und von weiteren familienpolitischen Reformen verstärkt werde, könne das zu einer günstigeren Geburtenentwicklung beitragen, heißt es in der Studie. Um die Erwerbstätigkeit von Frauen zu steigern und eine bessere Gleichstellung zu erreichen, sei eine konsistentere Familien- und Steuerpolitik nötig, die zum Beispiel das Ehegattensplitting abschaffe. Beim Ehegattensplitting wird das Haushaltseinkommen rechnerisch je zur Hälfte auf beide Eheleute aufgeteilt und dann besteuert.

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