Migration Flüchtlingszahlen sinken drastisch

Berlin · Seitdem der Hauptfluchtweg über den Balkan dicht ist, kommen deutlich weniger Schutzsuchende in Deutschland an. Die Probleme beim Bundesamt für Migration sind damit aber noch keineswegs gelöst.

 Syrische Flüchtlingsfamilie in Rostock: Nach der Schließung der Balkanroute sind im März sehr viel weniger Asylsuchende nach Deutschland gekommen.

Syrische Flüchtlingsfamilie in Rostock: Nach der Schließung der Balkanroute sind im März sehr viel weniger Asylsuchende nach Deutschland gekommen.

Foto: Jens Büttner

Nach der Schließung der Balkanroute ist die Zahl der neu ankommenden Flüchtlinge in Deutschland drastisch gesunken. Im März wurden nur noch 20 608 Asylsuchende im sogenannten EASY-System registriert, wie Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) mitteilte.

Im Februar waren es noch gut 60 000 gewesen, im Januar etwa 90 000. Zu Hoch-Zeiten im vergangenen November hatte die Zahl bei mehr als 200 000 gelegen. Eine Prognose für das Gesamtjahr wollte de Maizière nicht abgeben und schloss das auch für die nächsten Wochen aus. Trotz des Rückgangs kommt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) nicht hinterher, die riesige Zahl an Asylverfahren abzuarbeiten. Der Rückstau aus 2015 ist groß.

Vor einigen Wochen hatten mehrere Staaten entlang der Balkanroute - dem bis dahin wichtigsten Fluchtweg nach Europa - ihre Grenzen geschlossen. Die Zahl der Schutzsuchenden in Deutschland ging seitdem schlagartig nach unten. De Maizière sagte, inzwischen kämen deutlich weniger als 200 Menschen am Tag über die deutsch-österreichische Grenze. Bereits Anfang April war die Zahl von rund 20 000 im März neu registrierten Flüchtlingen bekannt geworden. Nun liegt die ausführliche Asylstatistik für März und das erste Quartal vor.

Bei der Ankunft in Deutschland werden Flüchtlinge registriert und im EASY-System erfasst - einem IT-System zur "Erstverteilung von Asylbegehrenden". Erst in einem späteren Schritt stellen sie einen Asylantrag. Wegen der Überlastung des BAMF müssen viele Menschen nach ihrer Ankunft in Deutschland lange warten, bis sie förmlich Asyl beantragen können. Die Zahl der Anträge lag mit fast 60 000 im März deutlich über der Zahl der Neuregistrierungen, weil nun nach und nach Flüchtlinge, die länger im Land sind, einen Antrag stellen.

"Die Zahl der Asylanträge steigt", sagte de Maizière. "Die Zahl derer, die nach Deutschland kommen, sinkt." Dies sei nur ein scheinbarer Widerspruch, sondern bedeute vielmehr, dass die Abarbeitung der Altfälle nun vorankomme. Die Zahl der unerledigten Anträge beim BAMF ist allerdings erst mal weiter gestiegen - auf fast 410 000. Hinzu kommen 300 000 bis 400 000 Menschen, die bereits eingereist sind, aber noch keinen Asylantrag gestellt haben. Auch diese Verfahren wird die Behörde später noch bewältigen müssen.

Durch den Rückstau habe die Dauer der Asylverfahren im Schnitt zugenommen - von 5,2 auf 6 Monate, sagte der Leiter des BAMF, Frank-Jürgen Weise. "Das ist keine schöne Zahl." Dies liege an der Bearbeitung der großen Zahl an Altfällen. Neue Anträge würden deutlich schneller abgewickelt, in der Regel in weniger als drei Monaten. Bei klaren Fällen - also Menschen aus besonders unsicheren oder sicheren Herkunftsstaaten - dauere es nur etwa eine Woche.

Weise äußerte sich erneut optimistisch, die große Zahl an offenen Asylverfahren im laufenden Jahr abzuarbeiten. Allerdings räumte er ein, die Aufstockung des Personals beim BAMF komme nicht so gut voran wie erhofft. Noch gebe es dort viele Helfer aus anderen Behörden, die irgendwann aber wieder zurück müssten.

Eine Prognose zur erwarteten Gesamtzahl an Flüchtlingen in diesem Jahr lieferte de Maizière nicht. "Ich weiß, dass viele darauf warten." Derzeit wäre eine Prognose aber nicht seriös. Dafür sei die weitere Entwicklung der Fluchtbewegungen zu wenig absehbar.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht angesichts der sinkenden Flüchtlingszahlen die Integration der vielen bereits eingereisten Menschen immer stärker im Vordergrund. Das sagte sie am Freitag bei einem Spitzentreffen von Regierung, Wirtschaft und Verbänden.

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