Diesel-Affäre Fünf Milliarden Euro Verlust für das Kfz-Gewerbe

Bonn · Die Autohäuser leiden unter den Folgen der Diesel-Abgasaffäre. Auch in der Region sind Firmen betroffen. Hardwarenachrüstung als Konjunkturprogramm.

ARCHIV - Ferdinand Dudenhöffer, Professor für Betriebswirtschaftslehre und Automobilwirtschaft, ist am 02.02.2014 Gast in einer Talk-Show in Berlin. Gutscheine im Wert von 2000 Euro für jeden Dieselauto-Besitzer und eine Abschaffung des Steuervorteils gegenüber Benzinern könnten nach Ansicht des Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer das Diesel-Problem lösen.(zu dpa „Dudenhöffer: Steuervorteil für Diesel-Fahrer abschaffen“ vom 06.08.2017) Foto: Karlheinz Schindler/dpa-Zentralbild/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++ | Verwendung weltweit

ARCHIV - Ferdinand Dudenhöffer, Professor für Betriebswirtschaftslehre und Automobilwirtschaft, ist am 02.02.2014 Gast in einer Talk-Show in Berlin. Gutscheine im Wert von 2000 Euro für jeden Dieselauto-Besitzer und eine Abschaffung des Steuervorteils gegenüber Benzinern könnten nach Ansicht des Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer das Diesel-Problem lösen.(zu dpa „Dudenhöffer: Steuervorteil für Diesel-Fahrer abschaffen“ vom 06.08.2017) Foto: Karlheinz Schindler/dpa-Zentralbild/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++ | Verwendung weltweit

Foto: picture alliance / Karlheinz Sch

Bei Anhängern einer Nachrüstungslösung für ältere Dieselautos löst die Ankündigung von Volkswagen, den betroffenen Dieselhaltern eine Umtauschprämie zu zahlen, Kopfschütteln aus. „Schon der Begriff ist irreführend“, erklärt Ulrich Köster vom Zentralverband des Kraftfahrzeuggewerbes (ZDK).

Köster spricht für 38 000 Mitgliedsunternehmen, die bundesweit 460 000 Beschäftigte haben. Seit immer mehr Städten Fahrverbote für Diesel drohen und Schummeleien der Dieselhersteller den Selbstzünder in Verruf gebracht haben, bleiben Gebrauchtwagenhändler auf ihren alten Dieselautos sitzen. Nach Verbandsangaben haben sie über 350 000 Euro-5-Diesel-Fahrzeuge auf ihren Höfen stehen, und das mit steigender Tendenz. In Hamburg soll ein renommiertes Autohaus bereits deswegen aufgegeben haben.

Kfz-Betriebe in der Region halten sich derweil bedeckt, kein Geschäftsmann will offen über seine Probleme reden. Laut der Kfz-Innung in Sankt Augustin gibt es in Bonn und im Rhein-Sieg-Kreis 320 Mitgliedsunternehmen des Kfz-Gewerbes – Autohäuser und Kfz-Meisterbetriebe, dazu noch 57 Karosseriebauer. Zusammen beschäftigen sie über 3000 Mitarbeiter. „Sprechen Sie mit denen nicht über den Diesel, die wechseln sofort das Thema“, berichtet ein Innungsvertreter. Autobranchenexperte Ferdinand Dudenhöffer hat ausgerechnet, dass den Autohändlern bundesweit seit Auffliegen des Abgasbetrugs durch VW vor drei Jahren fünf Milliarden Euro Verluste entstanden sind, wie er auf Anfrage des General-Anzeigers erklärt.

Die alten Diesel mit den Abgasnormen Euro 1 bis 5 durch eine Hardwarenachrüstung auf den aktuellen technischen Standard (Euronorm 6) zu bringen, wäre aus seiner Sicht die beste Lösung. „Allerdings hätte man das schon vor drei Jahren machen müssen“, räumt Dudenhöffer ein, denn die entstandenen Wertverluste lassen sich nicht dadurch auffangen.

Die Handwerkskammern und der Branchenverband ZDK setzen sich seit Langem für die Hardwarenachrüstung ein, auch weil es für das Kfz-Gewerbe ein kleines Konjunkturprogramm wäre. Doch die Bundesregierung hat bisher nicht die Frage klären wollen, wer den Einbau einer neuen Abgasreinigung bezahlen soll. „Eigentlich hätten die Autobauer die Kosten tragen müssen“, sagt Dudenhöffer, der das Center Automotive Research (CAR) an der Universität Duisburg-Essen leitet.

Die Baumot-Gruppe mit der Firma Twintec in Königswinter hat kürzlich eine Initiative im Internet gestartet, wo sich an einer Hardwarenachrüstung interessierte Dieselhalter registrieren können. Bis Donnerstagmittag hatten Pkw-Besitzer bereits 5186 Fahrzeuge eintragen lassen. Baumot schreibt auf der Website, man erhalte täglich bis zu 100 Anfragen nach einer Nachrüstmöglichkeit. Das patentierte Reinigungssystem, das die Stickoxide herausfiltert, ist bereits beim Kraftfahrtbundesamt (KBA) zur Genehmigung angemeldet. Auch hätten der ADAC und die Deutsche Umwelthilfe schon die Wirksamkeit des Systems nachgewiesen, heißt es weiter. Für einen VW-Passat würde der Umbau demnach etwa 1800 Euro kosten.

Zum Plan der Initiative gehört, dass die Fahrzeughalter die Kosten zunächst selbst tragen und sich später das Geld von den Autobauern vor Gericht zurückholen – per Schadenersatzklage.

Besonders schwierig ist die Nachrüstung offenbar nicht. „Jeder Hersteller, der Auspuffanlagen baut, kann auch eine Nachrüstanlage bauen“, erklärt Dudenhöffer. So verfolgt man dennoch gespannt die Initiative aus Königswinter.

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