Bundespräsident Gauck hat zwischenzeitlich ans Weitermachen gedacht

Berlin · Bundespräsident Gauck macht 2017 nach einer Amtszeit Schluss. Zwischendurch hatte er überlegt weiterzumachen - wegen der unruhigen Zeiten in Deutschland. Das Staatsoberhaupt ist aber froh, dass ihn niemand "genötigt" hat zu bleiben.

 Bundespräsident Joachim Gauck hatte vor rund zwei Wochen angekündigt, er bewerbe sich 2017 aus Altersgründen nicht mehr um das Präsidentenamt.

Bundespräsident Joachim Gauck hatte vor rund zwei Wochen angekündigt, er bewerbe sich 2017 aus Altersgründen nicht mehr um das Präsidentenamt.

Foto: Fredrik von Erichsen

Bundespräsident Joachim Gauck hat zwischenzeitlich eine zweite Amtszeit erwogen. In der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin" sagte Gauck, er habe zwar die Tendenz von nur einer Amtszeit von Anfang an im Kopf gehabt. Im vergangenen Winter und später im Frühjahr habe er noch mal überlegt.

"Bei dieser Unruhe in den öffentlichen Debatten, und es hat sich auch eine gewisse Veränderung des Lebensgefühls in Deutschland ereignet, da habe ich die Pflicht empfunden, noch mal intensiv nachzudenken." Er habe viel Zuspruch bekommen, im Amt zu bleiben - aber keinerlei Druck.

Gauck hatte vor rund zwei Wochen angekündigt, er bewerbe sich 2017 aus Altersgründen nicht mehr um das Präsidentenamt. Damit läuft im Jahr vor der Bundestagswahl eine schwierige Kandidatensuche. In der Bundesversammlung, die am 12. Februar 2017 den Präsidenten wählt, hat die Union mit Abstand die meisten Sitze, aber keine eigene Mehrheit.

Auf die Frage, welche Hintergedanken Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wohl gehabt habe bei dem Wunsch einer zweiten Amtszeit von ihm sagte Gauck, er wolle sich nicht in Merkels Kopf begeben. "Sie ist eine nüchterne Frau." Ihm sei aber klar, dass er Merkel mit seiner Entscheidung in eine schwierige Lage gebracht habe. "Ich hatte das Gefühl, dass es natürlich einfacher gewesen wäre, ich wäre zum zweiten Mal angetreten. Aber ich will ganz deutlich sagen: Es war unendlich korrekt, ich würde fast sagen, vornehm, dass niemand mich genötigt hat aus der Politik."

Mit Blick auf die wachsende rechte Gewalt gegen Flüchtlinge und das Erstarken von Rechtspopulisten in Deutschland sagte Gauck, all das lasse ihn selbstverständlich nicht gleichgültig. Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte bezeichnete er als "widerliche Aktionen" und mahnte: "Da kann man nur sagen, jede einzelne ist eine zu viel."

Die Situation sei aber kein Grund für ihn gewesen, im Amt zu bleiben. Das Land sei stabil. Schließlich gebe es unendlich viel mehr engagierte Bürger, die sich gegen solche Auswüchse wendeten und die große Hilfsbereitschaft zeigten. "Das ist alles noch unser Land und nicht bloß diejenigen, die abseits von der Mehrheit stehen und ihre schändlichen Attacken da betreiben."

Gauck vertrat die Ansicht, die aktuelle Siutation sei nicht mit der Zeit vor Hitler vergleichbar: "Natürlich gibt es am rechten und am linken Rand Systemverächter, die nennen das System, was wir offene Gesellschaft und Demokratie nennen. Aber kein Vergleich zur Zeit der Weimarer Republik, wo wir Institutionen hatten, aber zu wenig wache Demokraten." Heute gebe es funktionierende Institutionen, "eine gute Verfassung, und wir haben überaus wache Demokraten und eine so starke Zivilgesellschaft, wie wir sie noch nie in Deutschland hatten".

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