Kommentar zur Schulpolitik in NRW Gebauers billige Ernte

Meinung | Düsseldorf · Nach ein paar Jahren Turbo-Abi war die Unzufriedenheit so groß, dass Schulministerin Yvonne Gebauer den Hebel lediglich wieder umlegen musste, um ihren ersten schulpolitischen Scoop einzufahren, kommentiert GA-Korrespondent Thomas Reisener.

Schulministerin Yvonne Gebauer hat Glück. Nach ein paar Jahren Turbo-Abi war die Unzufriedenheit bei Lehrern, Eltern und Schülern mit der auf acht Jahre verkürzten Gymnasialzeit so groß, dass sie den Hebel lediglich wieder umlegen musste, um ihren ersten schulpolitischen Scoop einzufahren. Nur drei von mehr als 600 Gymnasien in NRW machten von ihrem Wahlrecht Gebrauch und sind beim achtjährigen Abi geblieben. Bei welchem Bildungsthema war das Stimmungsbild jemals so eindeutig?

Dass Gebauer letztlich nur die billige Ernte eines öffentlichen Meinungsumschwungs einfährt, wird bei der Bewertung ihrer Regierungsarbeit im nächsten Landtagswahlkampf keine Rolle mehr spielen. Der Erfolg vergisst seine Väter schnell. Und ein bisschen hat Gebauer auch selbst zum Erfolg beigetragen: Schließlich will ein zusätzliches Schuljahr an über 600 Gymnasien organisiert und finanziert werden. Diese administrative Aufgabe scheint sie gelöst zu haben.

Echte Politik wird Gebauer aber noch bei zwei anderen Themen liefern müssen: Beim Lehrermangel, der vor allem mit unzureichenden Studienplätzen zusammenhängt und nur langfristig behoben werden kann. Und bei der Angleichung der Grundschullehrergehälter an die Gymnasiallehrergehälter, die manche für rechtlich zwingend halten, und die Gebauer sehr deutlich in Aussicht gestellt (manche sagen auch: versprochen) hat. Die Angleichung kostet viel mehr, als der Landeshaushalt dafür hergibt.

Bei diesen beiden Themen wird Gebauer also Enttäuschungen produzieren. Sie wird Ideen für den Übergang erfinden, Prioritäten setzen, Kompromisse schließen müssen. Mit einem Wort: Politik machen. Bislang hat sie eine gute Figur gemacht. Jetzt muss sie ihre Wetterfestigkeit beweisen.

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