Kommentar zu den Groko-Sondierungen Hausmannskost

Meinung | BERLIN · CDU, CSU und SPD steuern auf das Ende ihrer Sondierungsgespräche zu. Unser Autor meint: Diese Groko wird, wenn sie denn zustande kommt, kein Feuerwerk der revolutionären Ideen abbrennen.

Das Finale, Teil eins. CDU, CSU und SPD steuern auf das Ende ihrer Sondierungsgespräche zu. Nach dem Betriebsunfall „Jamaika“ werden die potenziellen Koalitionäre von Union und SPD alles tun, nicht selbst auch noch einen weiteren Totalschaden zu produzieren. Die drei Parteichefs Angela Merkel, Horst Seehofer und Martin Schulz sind schon genug angezählt. Ihre politische Zukunft ist eng mit einer Einigung, jedenfalls mit der Verständigung auf Koalitionsgespräche (und natürlich deren erfolgreicher Abschluss) verbunden. Dazwischen muss SPD-Chef Schulz, zuletzt beim Parteitag im Dezember mit einem passablen Ergebnis für zwei Jahre im Amt bestätigt, noch durch einen Sonderparteitag in Bonn.

Die mürrische, teils missmutige SPD-Basis dürfte sich ihrer Macht bewusst sein. Gibt sie Schulz kein grünes Licht für den Einstieg in Koalitionsverhandlungen, könnte sie das nahe Ende der Karrieren von gleich drei Parteichefs einleiten. Aber dann hätte sie Schulz erst gar nicht wieder wählen müssen. Eine Neuwahl kann sich gerade die SPD nicht leisten – CDU und CSU aber nicht minder. Ein bisschen Aufstand, das schon, neben dem üblichen Theaterdonner, aber die Delegierten müssen sich sehr gut überlegen, welche Last sie ihrer Parteispitze mit in mögliche Koalitionsgespräche geben. Die Alternativen sind gezählt und allesamt nicht besonders rosig.

Ein bisschen Geben, ein bisschen Nehmen

Diese Groko wird, wenn sie denn zustande kommt, kein Feuerwerk der revolutionären Ideen abbrennen. Es gibt allenfalls Hausmannskost, hoffentlich gut zubereitet. Vom nationalen Klimaziel für 2020 haben sie sich offenbar schon verabschiedet. Die Zuwanderung ausländischer Fachkräfte wollen sie per Gesetz steuern. Beim Streit um Dieselfahrzeuge wollen sie Fahrverbote vermeiden. Den Finanzspielraum des Staates taxieren sie auf 45 Milliarden Euro, wovon ein Teil an die Bürger fließen könnte.

Vielleicht bekommt die SPD ihre Solidarrente, die Union ihre Mütterrente. Ein bisschen Geben, ein bisschen Nehmen, man kennt das. Nichts, was das Publikum vom Stuhl haut. Jamaika hätte insgesamt vermutlich etwas mehr riskiert, mehr Aufbruch bringen können. Aber Jamaika hat wegen der hasenfüßigen FDP nicht geklappt. Jetzt eben der nächste Groko-Versuch.

Merkel, Seehofer und Schulz werden aufatmen, sollten sie die Groko-Gespräche tatsächlich zur Unterschriftsreife bringen. Seehofer hat Ostern als Zeitpunkt genannt, an dem eine neue Bundesregierung dann endlich stehen sollte. Dann wäre Deutschland bereits gut sechs Monate geschäftsführend regiert worden. Ein Rekord, ein bedenklicher. Trotzdem: Eine Neuwahl, an der bestimmte Teile von Union und SPD ein (hinterhältiges) Interesse haben, bringt nicht die Aussicht auf klarere Mehrheitsverhältnisse als die jetzigen. Deswegen ist es richtig, den steinigen Weg zu gehen. Ohne Jubel in die nächste Groko.

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