Kommentar zur Desinformation beim Klimawandel Heiße Fragen

Meinung | Bonn · Nicht nur die Bauern, auch Europas Politiker sehnen sich nach Regen. Er wird die kurze Aufmerksamkeitsspanne für naheliegende und unangenehme Fragen wieder beenden, kommentiert Wolfgang Wiedlich.

 Keine Fotomontage, sondern die reale Lage am Rhein im August 2018: Weit ragen die Sandbänke in den Fluss. Vor 32 Jahren (1986) erschien der Klimawandel erstmals auf einem deutschen Titel: Der „Spiegel“ machte den Kölner Dom zu einer Insel. Während der letzten Warmzeit, die vor 130 000 Jahren begann, 15 000 Jahre dauerte und noch der Neandertaler erlebte, lag der Meeresspiegel bis zu neun Meter höher als heute. Der Dom würde erst im Meer versinken, wenn neben Grönland auch die Antarktis komplett wegtaut.

Keine Fotomontage, sondern die reale Lage am Rhein im August 2018: Weit ragen die Sandbänke in den Fluss. Vor 32 Jahren (1986) erschien der Klimawandel erstmals auf einem deutschen Titel: Der „Spiegel“ machte den Kölner Dom zu einer Insel. Während der letzten Warmzeit, die vor 130 000 Jahren begann, 15 000 Jahre dauerte und noch der Neandertaler erlebte, lag der Meeresspiegel bis zu neun Meter höher als heute. Der Dom würde erst im Meer versinken, wenn neben Grönland auch die Antarktis komplett wegtaut.

Foto: picture alliance/dpa

Die Politik mag dieses wochenlange Extremwetter nicht, weil es Fragen provoziert, die ihr Komplettversagen offenbaren. Nicht nur in Deutschland. Was steckt hinter der glühenden Nordhalbkugel? Dass es nicht die seit mehr als 150 Jahren von der Zivilisation freigesetzten Treibhausgase sind, glauben nur noch die AfD, Donald Trump und Menschen, die auf die Rationalität der Wissenschaft pfeifen.

Hitze und Trockenheit haben eine Aufmerksamkeitsspanne geschaffen – eine Gelegenheit, das kollektive Verdrängen aufzubrechen. Die nutzen auch die Forscher. In einer kürzlich veröffentlichten Überblicksstudie zum Stand der Dinge warnen sie: Wenn die Politik beim Klimawandel weiter so lauwarm wie bisher agiert, wird eine Heißzeit die Menschheit überrollen. Darunter ist weit mehr zu verstehen als ein paar heiße Sommertage mehr.

Den wenigsten Menschen ist bewusst, dass sie gerade in der Warmzeit eines Eiszeitalters leben und die Dinosaurier während ihrer Jahrmillionen-Herrschaft nie ein Stück Eis sahen. Heißzeit bedeutet Rückkehr zur Erdklima-Normalzeit. Der Gasabfall-Input in die Lufthülle, auch von 16,99-Euro-Flügen über die Alpen verursacht, könnte so stark sein, dass er die mächtigen Weichensteller im Klimasystem aktiviert (Dauerfrostböden), ausschaltet (Eisflächen)oder in seiner Wirkung sogar übertrifft (Erdbahnparameter). Das physikalische Einmaleins ist nicht leicht verständlich, aber plausibel. Das würde die Erwärmung zusätzlich puschen.

Andere Studien, die es nicht bis in die „Tagesschau“ schaffen, lassen vermuten, dass die Öffentlichkeit über ihre Bedrohungslage geradezu harmlos informiert ist. Zwei-Grad-Ziel? Kaum noch über eine radikale Kohlenstoffdiät machbar, zudem politisch illusionär. Und die „Heißzeit-Studie“ warnt, dass einige der schlummernden Weichensteller längst geweckt sein und bereits unterhalb der Zwei-Grad-Schwelle lautlos explodieren könnten.

Schwer vorzustellen, dass die Regierenden über solche Risiken nichts wissen. Sie haben das Talent, Medien und Volk stets mit – vergleichsweise – Nichtigkeiten wie Ankerzentren für Flüchtlinge, Freiwilligendienst oder Kindergeld-Fragwürdigkeiten abzulenken. Gelegentlich wird auch über Fluchtursachen debattiert, und Politiker schütteln Hände in Afrika. Meist geht es dort um Arbeitsplätze, aber die nächste absehbare Massenexodus-Ursache wird, wie in der Heimat der Klimaschutz, konsequent ausgeblendet. Dabei wächst gerade in Nordafrika, wie im gesamten Orient, das Risiko der klimabedingten Unbewohnbarkeit. Und da schließt sich der Kreis. Klimaflüchtlinge ließen sich am besten mit radikalem und globalem Klimaschutz bekämpfen.

Nicht nur die Bauern, auch Europas Politiker sehnen sich nach Regen. Er wird die kurze Aufmerksamkeitsspanne für naheliegende und unangenehme Fragen wieder beenden.

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