Idee einer Zusammenlegung von ARD und ZDF Horst Seehofer: Der ewige Quergeist

Berlin · Horst Seehofers CSU tritt in ihrem neuen Grundsatzprogramm dafür ein, ARD und ZDF zusammenzulegen. Von allen im Bundestag vertretenen Parteien kommt umgehend Widerspruch.

 Die CSU fordert, Doppelstrukturen zu beseitigen und ARD und ZDF zusammenzulegen.

Die CSU fordert, Doppelstrukturen zu beseitigen und ARD und ZDF zusammenzulegen.

Foto: dpa

Der Meister der kalkulierten Provokation betritt die Bühne. „Wir sind eine eigenständige Partei mit einem eigenständigen Kurs“, sprach Horst Seehofer erst unlängst wieder eine Selbstverständlichkeit aus, so, als müsste er betonen, dass das Reinheitsgebot von 1516 zu bayerischem Bier gehöre und dieses eherne Biergesetz auch im 500. Jahr unverändert gültig sei. Mitnichten wolle die CSU eine Konfrontation mit der Schwesterpartei. „Unser politischer Gegner ist nicht die CDU“, betonte der CSU-Chef noch einmal, damit es auch in Berlin alle glauben mögen.

Wann immer Seehofer vor allem mit Blick auf die Landtagswahl 2018 in Bayern agiert, tut der CSU-Chef alles, der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland (AfD) so wenig Platz wie möglich am Rand rechts von der CSU zu lassen. Die AfD fordert ein Ende von Gebühren für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und proklamiert: „Genug AbGEZockt!“ Man möge die „Staatssender“ ARD und ZDF schlicht boykottieren.

Was tut Seehofer? Im neuen Grundsatzprogramm tritt die CSU dafür ein, Doppelstrukturen zu beseitigen und fordert, ARD und ZDF zusammenzulegen. „Wir sind der Auffassung, dass die Grundversorgung auch von einer Fernsehanstalt geleistet werden könnte“, so Seehofer. Der CSU-Chef war auch der Auffassung, dass Deutschland eine Pkw-Maut für Ausländer gut zu Gesicht stünde. Seither müht sich Seehofers Bundesmautbeauftragter, Verkehrsminister Alexander Dobrindt, ab, die Maut so zu gestalten, dass sie nicht mit dem Europarecht kollidiert und kein deutscher Autofahrer stärker belastet würde als vor Einführung einer solchen Gebühr. Doch bis heute warten Seehofer und Dobrindt auf jene Pkw-Maut, die weder CDU-Chefin Angela Merkel noch SPD-Chef Sigmar Gabriel wollten.

Und auch zum jüngsten Vorstoß einer Zusammenlegung von ARD und ZDF kommt von allen im Bundestag vertretenen Parteien umgehend Widerspruch. Zwei öffentlich-rechtliche Sender seien „gerade unter dem Aspekt der politischen Berichterstattung sinnvoll“ erklärte der CDU-Bundestagsabgeordnete Franz Josef Jung, der seit 1999 im ZDF-Fernsehrat sitzt. Grünen-Medienpolitikerin Tabea Rößner unterstellt Seehofer puren Populismus, wenn er „ohne Sinn und Verstand“ die öffentlich-rechtliche Medienlandschaft verändern wolle.

CDU-Chefin Angela Merkel muss ohnehin seit Langem damit leben, dass Seehofer in Wahrheit auf eigene Rechnung arbeitet: Bereits Anfang Januar hatte er eine Obergrenze von 200.000 Flüchtlingen jährlich in Deutschland ins Spiel gebracht, die die CSU in ihrem umstrittenen Forderungskatalog für die Zuwanderungspolitik nun wieder fordert. Da allerdings richtig: eine Obergrenze per Gesetz. Mit Besuchen in Ungarn beim dortigen Ministerpräsidenten Viktor Orban und in Russland bei Präsident Wladimir Putin, beide mit Merkel wegen der Flüchtlingspolitik (Orban) beziehungsweise des Ukraine-Kriegs und der EU-Sanktionen (Putin) über Kreuz, erzeugt der CSU-Chef gar den Eindruck, er betreibe eine Art Nebenaußenpolitik.

Alles Nadelstiche gegen Merkel, auch wenn Seehofer beteuert: „Und ich möchte den Erfolg dieser Union.“ Im Übrigen seien Berichte, er habe Merkel vom nächsten CSU-Parteitag ausgeschlossen, vor allem eines: „Quatsch.“ Der CSU-Chef vergisst dabei nicht, Merkel indirekt mit einem Wechsel nach Berlin zu drohen: „Wenn es die Verantwortung erfordert, muss man sich zur Verfügung stellen.“

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