Analyse zur Sicherheitspolitik Immer wieder Pannen bei Justiz und Polizei in NRW

Düsseldorf · Ein zu Unrecht inhaftierter Syrer in NRW, der mit seinem Leben zahlt. Ein Polizeigesetz, das nicht verfassungskonform ist. Bei der inneren Sicherheit in NRW läuft nicht alles rund. Eine Analyse.

Peter Biesenbach ist ein Minister mit großer Erfahrung. Vieles schon hat der NRW-Justizminister in seiner 52 Jahre langen politischen Karriere durchgestanden. Der CDU-Politiker stand dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) zur Kölner Silvesternacht vor, der ihm bundesweit Beachtung einbrachte. Nach der Landtagswahl saß er zusammen mit dem heutigen NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) als ausgewiesener Experte für die innere Sicherheit bei den Koalitionsverhandlungen in NRW mit am Tisch. Doch am vergangenen Freitag sah sich Biesenbach auf einmal mit Rücktrittsforderungen der Opposition konfrontiert.

Der Vorwurf: Im Fall des zu Unrecht inhaftierten Syrers, der in seiner Zelle verbrannte, habe Biesenbach Falschaussagen auch dem Parlament gegenüber gemacht. So soll der Syrer einem vertraulichen Bericht des Justizministeriums für den Rechtsausschuss zufolge doch die Gegensprechanlage in seiner Zelle betätigt haben, als das Feuer ausgebrochen war. Biesenbach hatte dies zuvor verneint. Seinen Sprecher ließ der Minister wenig später sagen, er habe stets wahrheitsgemäße Angaben gemacht, die dem Stand der Erkenntnisse entsprachen.

Justiz- und Polizeiskandal in NRW

Die Affäre um den Syrer hat längst das Zeug zu einem Justiz- und Polizeiskandal in NRW, der die beiden zuständigen Minister in Bedrängnis bringen kann. Denn kurz zuvor war bereits auch der NRW-Innenminister in Erklärungsnot. Reul tat sich schwer damit zu begründen, warum die Polizei den Syrer mit einem straffällig gewordenen Afrikaner verwechselte, obwohl nicht die geringste Ähnlichkeit zwischen den beiden bestand: „Und für diesen Fehler in meinem politischen Verantwortungsbereich bitte ich die Familie des Verstorbenen von ganzem Herzen um Entschuldigung", so der Minister.

Damit zeigt die Landesregierung zurzeit Schwächen ausgerechnet bei einem Thema, das konservative Regierungen eigentlich zu ihrem Kernanliegen machen. Diesen Anspruch hatte Reul auch mit seinem Entwurf für ein neues Polizeigesetz unterstreichen wollen. Doch auch hier muss der Innenminister nun ein Stück weit zurückrudern: Die ursprüngliche Version stieß bei juristischen Experten auf gravierende Bedenken. Insbesondere das Rechtskonstrukt der „drohenden Gefahr“ und die Möglichkeit, Gefährder bis zu vier Wochen in Gewahrsam zu nehmen, hielten die Juristen nicht für verfassungskonform. Reul nahm die Vorschläge der Juristen ernst und entschärfte den Gesetzentwurf.

Unglückliche Rolle beim Hambacher Forst

Eine glückliche Rolle spielte sein Ministerium auch im Hambacher Forst nicht. Aus Brandschutzgründen ließ Reul die Baumhäuser der Braunkohlegegner mit einem großen Polizeiaufgebot räumen. Wenig später untersagte aber das Oberverwaltungsgericht Münster überraschend dem Energiekonzern RWE die Rodung. Die Baumhaus-Aktion wurde damit obsolet.

Nun räumt der Minister das Feld, obwohl die Braunkohlegegner ihre Häuser zum Teil schon wieder bezogen haben: „Ich ziehe die Polizei ab, weil unsere erste Aufgabe ‚Räumung des Waldes' erledigt ist'“, sagte der Innenminister. Von den rund 3000 Polizisten, die rund 130 Aktivisten aus 80 Baumhäusern geholt hatten, bleibe keiner dauerhaft im Hambacher Forst. Reul forderte gleichzeitig „einen großen gesellschaftlichen Konsens", keine neuen Hütten auf dem Gelände des Energiekonzerns RWE zu bauen. Oberstes Ziel müsse es sein, dass der Wald zur Ruhe komme. Der nächste Einsatz im Hambacher Forst steht am Mittwoch bevor, wenn vor Ort die Kohlekommission tagt und dort 10.000 Menschen demonstrieren.

Eine Bewährungsprobe in jüngster Zeit hingegen haben der Minister und seine Polizei mit Bravour bestanden. Die Geiselnahme durch einen Terrorverdächtigen am Kölner Hauptbahnhof hätte in einer Katastrophe enden können. Der Polizeieinsatz lief jedoch vorbildlich – so wie die Beamten es viele Male zuvor in der Trainingseinheit Amok/Terror geübt hatten.

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