Sie säten Hass und planten Terror In Sachsen stehen acht Männer der Gruppe "Revolution Chemnitz" vor Gericht

Dresden · Die acht Männer hatten ein gemeinsames Ziel - den Umsturz des demokratischen Rechtsstaats in Deutschland. Jetzt müssen sie sich vor dem Oberlandesgericht verantworten.

In Sachsen stehen acht Männer der Gruppe "Revolution Chemnitz" vor Gericht
Foto: dpa/Sebastian Kahnert

Die Männer planten sie "bewaffnete und damit auch todbringende Anschläge" auf Ausländer und politische Gegner. So lautet der Vorwurf des Generalbundesanwalts gegen die mutmaßlichen Mitglieder der rechtsextremen Gruppe Revolution Chemnitz, die sich seit Montag im hochgesicherten Oberlandesgericht Dresden wegen der Bildung einer rechtsterroristischen Vereinigung verantworten müssen.

Einzeln werden die acht Angeklagten am Montagvormittag in den Gerichtssaal geführt, wo ihnen die Justizbeamten die Handfesseln abnehmen. Die Männer im Alter zwischen 21 und 32 Jahren sind an Armen, Händen, teilweise bis zum Hals tätowiert. Sie tragen die Haare kurz, zwei eine Glatze. Die Bundesanwaltschaft will den Angeklagten in dem auf Monate ausgelegten Prozess nachweisen, dass sie sich zusammenschlossen, um mit Gewalt einen "Systemwechsel" herbeiführen.

Vor mehr als einem Jahr, nach dem tödlichen Messerangriff auf Daniel H. in Chemnitz, sollen sie die Terrorzelle gegründet haben. Ein inzwischen verurteilter Syrer und ein Iraker werden für die Tat verantwortlich gemacht. Einige der Angeklagten beteiligten sich damals an den rechten Demonstrationen und Ausschreitungen in der sächsischen Stadt.Eine Gruppe wie Revolution Chemnitz entsteht freilich nicht aus dem Nichts, dahinter stehen oft weitverzweigte Strukturen. Auch die Beschuldigten sind laut Verfassungsschutz "als teilweise langjährige Rechtsextremisten bekannt". Sie kennen sich aus der Jugendzeit, durch Straftaten, teilweise durch gemeinsame Gefängnisaufenthalte. Der Bundesanwaltschaft zufolge sind sie in der Hooligan-, Skinhead- und Neonaziszene fest verwurzelt.

Sowohl der mutmaßliche Rädelsführer Christian K. als auch der Mitangeklagte Tom W. gehörten als Heranwachsende der 2007 verbotenen Neonazigruppe Sturm 34 an. Der Hass auf Ausländer und Andersdenkende eint auch die acht mutmaßlichen Mitglieder der Revolution Chemnitz. Auf die mutmaßliche rechte Terrorzelle stießen die Ermittler durch beschlagnahmte Handys, in denen sie Chatprotokolle eines Messengerdiensts fanden. Von der "Jagd" auf Ausländer war dort die Rede, vom "Ausrotten" ausländischer Menschen und Andersdenkender. Die Handys stammten von Tatverdächtigen, die nach einem Überfall auf Jugendliche und Ausländer in Chemnitz gefasst worden waren.

Dieser Überfall auf der Schlossteichinsel Mitte September vergangenen Jahres galt aus Sicht der Ermittler als "Probelauf" für eine am 3.Oktober 2018, dem Einheitsfeiertag, geplante Aktion. "Sie wollten eine Systemwende, eine 'Revolution', mit allen daraus entstehenden Konsequenzen", sagt Michael Glaser, Vertreter der Bundesanwaltschaft, bei der Anklageverlesung.

Die Gruppe wollte sich demnach halbautomatische Waffen besorgen, hatte dafür sogar schon Preise recherchiert. Der Nationalsozialistische Untergrund sollte im Vergleich zu der Chemnitzer Gruppe aussehen wie eine "Kindergartenvorschulgruppe", zitiert der Oberstaatsanwalt aus den Chats.Nicht erst die Aufdeckung der "Revolution Chemnitz", schon die Ereignisse nach dem Tod von Daniel H. im vergangenen Jahr zeigten deutlich, wie groß das Mobilisierungspotenzial und die Gewaltbereitschaft in der rechten Szene ist. Und es zeigte sich, wie tief die Neonazistrukturen in der Region sind, nicht nur bei rechtsextremistischen Fangruppierungen aus dem Umfeld des Chemnitzer FC.

Im vergangenen Jahr erhielt die Szene erheblichen Zulauf. Der sächsische Verfassungsschutz rechnete 2018 der rechtsextremistischen Szene in Chemnitz 200 bis 250 Mitglieder zu, in den umliegenden drei Landkreisen nochmal mindestens 500.Nach der Oldschool Society, der Gruppe Freital und der Freien Kameradschaft Dresden ist der Prozess gegen die Revolution Chemnitz nun ein weiteres Verfahren, in dem es um terroristische oder kriminelle Strukturen im Rechtsextremismus in Sachsen geht. Die Linkspolitikerin Kerstin Köditz erwartet von dem Strafprozess Aufschluss über die Vernetzung der militanten Neonaziszene, "die zu zerschlagen bisher offensichtlich nicht gelungen ist". In vielen Fällen hätten die Behörden viel zu spät reagiert.

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