"Es gibt eine Reihe von Blockaden" Interview mit Pater Hans Langendörfer zum „Synodalen Weg“

Frankfurt am Main · Am Donnerstag beginnt der „Synodale Weg“ der katholischen Kirche in Frankfurt am Main. Benjamin Lassiwe sprach darüber mit dem Sekretär der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Pater Hans Langendörfer.

 Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz: Pater Hans Langendörfer.

Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz: Pater Hans Langendörfer.

Foto: picture alliance / dpa/Oliver Berg

Pater Langendörfer, warum gibt es eigentlich den Synodalen Weg?

Pater Hans Langendörfer: Wir haben nach der Veröffentlichung der Missbrauchsstudie ganz deutlich gesehen, dass es in der katholischen Kirche in Deutschland eine ganze Reihe von Blockierungen gibt. Von denen sagen die Wissenschaftler, sie hätten begünstigend auf die Missbrauchsfälle gewirkt: Dazu zählen die Sexualmoral, das Priesterbild und der Zugang zum Priestertum. Alle diese Themen finden sich nun auf der Tagesordnung des „Synodalen Wegs“. Zugleich sind es Themen, die nicht nur Blockadethemen sind: Sehr viele Menschen sehen dort auch Reformbedarf. Beides zusammen hat dann den Impuls gegeben, diese Themen im „Synodalen Weg“ anzugehen.

Beim „Synodalen Weg“ beraten Bischöfe und Laien zusammen. Das ist ja für die katholische Kirche durchaus ungewöhnlich. Wie ist es dazu gekommen?

Langendörfer: Wir wollen einen neuen Weg beschreiten. Einen Weg, der zukunftsweisend ist. Wir können solche Themen nicht als Kleriker und Bischöfe alleine diskutieren. Denn von diesen Themen ist das ganze Volk Gottes betroffen. Alle Katholiken werden davon in Anspruch genommen. Deswegen ist das Zentralkomitee der deutschen Katholiken ein natürlicher und vertrauter Partner, mit dem wir in der Vorbereitung des „Synodalen Wegs“ auch eine wirklich gute Zusammenarbeit hatten. Wir machen uns hier auf einen besonderen Weg, den das Kirchenrecht so nicht kennt, das bestimmte Formen vorsieht. Wir machen uns auf einen eigenen Weg, der Laien und Bischöfe auf Augenhöhe zusammenbringt. Einen Weg allerdings, der nicht aus der Kirche herausführt, wie so oft gesagt wird, sondern in sie hineinführt.

Wie verbindlich sind denn die Ergebnisse eines solchen, bislang nirgendwo ausprobierten Gesprächsprozesses?

Langendörfer: Die Verbindlichkeit der Ergebnisse ist ein besonderes Ziel. Verbindlichkeit kann heißen, dass in den Themenforen Entscheidungen getroffen werden, die die Kirche in Deutschland selber in die Pflicht nehmen. Wo diese Entscheidungen für sich selbst treffen kann, die nicht die Weltkirche betreffen. Die lassen sich dann auf Ebene der Bischofskonferenz und der Bistümer auch leicht umsetzen. Neu ist aber, dass diese Versammlung auch zu Entscheidungen kommen kann, die die römische Ebene betreffen: Nicht auf der Ebene eines Konzils, sondern auf der Ebene des Heiligen Vaters und seiner Kurie. Wir meinen, es geht nicht an, dass alle Themen, die jetzt und in Zukunft in Rom entschieden werden, weitgehend ohne Beteiligung der Ortskirchen getroffen werden. Wir meinen, aus den verschiedenen Regionen der Welt können und müssen Vorschläge nach Rom gebracht werden, um ein ausgewogenes Vorgehen und eine Berücksichtigung verschiedener Kulturen auf der Ebene der Weltkirche zu ermöglichen – hin zu einer Kirche, die dann auch neue Glaubwürdigkeit und Überzeugungskraft bekommt.

Aber muss Rom denn auf Ihre Forderungen eingehen?

Langendörfer: Wir gehen nicht davon aus, dass Rom umsetzen muss, was wir hier in Deutschland beschlossen haben. Wir wollen aber durchaus Einsichten und Überzeugungen nennen, von denen wir erwarten, dass sie in Rom Berücksichtigung finden.

Nun gibt es einige deutsche Bischöfe, die sich in der Vergangenheit durchaus kritisch zum „Synodalen Weg“ geäußert haben. Zum Beispiel der Erzbischof von Köln oder der Bischof von Regensburg...

Langendörfer: Es gibt Menschen, die sich mit dem Weg schwer tun. Sie finden sich auch im Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK), nicht nur bei den deutschen Bischöfen. Ich finde es aber bemerkenswert, dass zunächst einmal alle deutschen Bistümer diesen Weg mitgehen. Alle sind so sehr am Gespräch und der Neuorientierung interessiert, dass sie mitgehen. Wie sich das entwickelt, wird man sehen. Aber zunächst einmal sind alle dabei.

Ein Thema, über das im Vorfeld viel diskutiert wurde, ist die Frage des Frauenpriestertums. Kann das am Ende des „Synodalen Wegs“ stehen?

Langendörfer: Wichtig ist das Erwartungsmanagement. Man sollte sich nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig vornehmen. Zu wenig – deswegen drängen wir auf die Verbindlichkeit von Beschlüssen. Zu viel – das ist eine Frage der Klugheit. Der „Synodale Weg“ verlangt eine Unterscheidung der Geister. Er muss dabei immer von den Realitäten ausgehen. Er muss immer geistlich und theologisch von der pastoral gegebenen Situation ausgehen. Es gibt kein Redeverbot zum Priestertum der Frau. Wenn man das in Verbindung mit den Erfahrungen in Bistümern und Gemeinschaften bringt, tut sich da eine große Bandbreite von Gesprächsmöglichkeiten auf.

Sollte sich der „Synodale Weg“ auch mit der Frage beschäftigen, warum man heute eigentlich katholisch sein soll?

Langendörfer: Das ist aus meiner Sicht sogar das zentrale Thema des „Synodalen Wegs“. Das kann man aber auch nicht angehen, ohne zu gucken: Was hindert Kirche daran, den Glauben überzeugend zu bekennen, an die Menschen heranzutragen und die eigenen positiven Hoffnungen und Botschaften in die Öffentlichkeit zu bringen.

Was ist für Sie das persönlich Wichtigste beim „Synodalen Weg“?

Langendörfer: Ich würde gerne sehen, dass die Themen, an denen wir jetzt arbeiten und die sicher nicht ohne Mühe besprochen werden, nicht weiter blockierend wirken. Ich würde mich freuen, wenn der gelebte Glaube und die Möglichkeit, weitere Menschen für den Glauben zu gewinnen, durch den „Synodalen Weg“ weiter vorankommen.

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