Leitlinien für Finanzpolitik Jamaika einigt sich auf Einhaltung der "Schwarzen Null"

Berlin · Die Jamaika-Unterhändler haben sich darauf verständigt, auch künftig keine neuen Schulden zu machen und den Solidaritätszuschlag abzubauen. Auch die von den Grünen geforderte Vermögensteuer ist wohl von Tisch.

 Der Solidaritätszuschlag soll bis 2021 komplett abgebaut werden.

Der Solidaritätszuschlag soll bis 2021 komplett abgebaut werden.

Foto: Michael Kappeler

CDU, CSU, FDP und Grüne haben sich auf weitreichende Leitlinien für die Finanzpolitik eines Jamaika-Bündnisses verständigt.

Man wolle keine neuen Schulden machen und auch künftig einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen, heißt es in einem Papier, auf das sich alle Seiten am Dienstagabend in stundenlangen Verhandlungen geeinigt haben. Darin wird unter anderem festgelegt, dass keine neuen Substanzsteuern eingeführt werden sollen. Die von den Grünen noch im Wahlprogramm verlangte Vermögensteuer für Superreiche dürfte damit vom Tisch sein.

Mit diesem Punkt ist möglicherweise auch eine hohe finanzpolitische Hürde für die Union und die FDP bei einer Zusammenarbeit mit den Grünen abgeräumt. CDU/CSU und Liberale hatten sich strikt gegen eine Vermögensteuer ausgesprochen. Die FDP sieht mit der Einigung auf das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts die "Schwarze Null" gewahrt.

Als Vorgabe für eine schwarz-gelb-grüne Steuer- und Finanzpolitik wird in dem Papier neben dem ausgeglichenen Haushalt festgehalten, man sei sich einig, "dass die Schuldenbremse des Grundgesetzes eingehalten werden" müsse. Unter diesen Vorgaben wolle man die bisherige mittelfristige Finanzplanung überprüfen und finanzielle Spielräume gemeinsam ausloten.

Auf Basis dieser Spielräume sollten "Entlastungsmaßnahmen und Investitionsbedarfe bestimmt" werden, schreiben die Verhandler. Den Investitionsbedarf in Deutschland wollen die möglichen Partner in elf Themenbereichen ermitteln und aufeinander abstimmen.

Als mögliche Steuerentlastungsvorhaben eines Jamaika-Bündnisse werden folgende Einzelpunkte aufgezählt:

- Die Entlastung von Familien mit Kindern sowie von Beziehern unterer und mittlerer Einkommen. Ein solcher Schritt war von allen Seiten angestrebt worden, besonders aber von CDU, CSU und Grünen.

- Der Abbau des Solidaritätszuschlags - wobei hier kein Zeitrahmen genannt wird. Die Union hatte bisher erklärt, sie wolle den "Soli" ab 2020 schrittweise schnellstmöglich abschaffen. Nach dem Willen der FDP soll der "Soli" schon bis 2019 vom Tisch sein.

- Die Förderung der energetischen Gebäudesanierung. Darunter wird etwa die Modernisierung von Gebäuden verstanden, um den Energieverbrauch zu mindern.

- Die Förderung des Mietwohnungsbaus. So setzt sich die Union bisher dafür ein, beim Erstkauf eines Eigenheims die Grunderwerbsteuer zu erlassen. Die FDP tritt bei der Grunderwerbsteuer für einen Freibetrag für Immobilien von bis zu 500 000 Euro ein.

- Verbesserung der degressiven Steuer-Abschreibung für die Abnutzung von Anlagenkapital (AfA).

- Die Einführung einer steuerlichen Forschungs- und Entwicklungsförderung.

- Der Abbau von Subventionen - insbesondere sollen sie überprüft werden, wenn sie Klimazielen widersprechen.

FDP-Chef Christian Lindner schrieb über das Zwischenergebnis der Sondierungen auf Twitter, daraus könne "eine finanzpolitische Trendwende werden". FDP-Vize Wolfgang Kubicki sagte der dpa: "Die Schwarze Null bleibt." Der Solidaritätszuschlag werde in dieser Legislaturperiode komplett abgebaut. Er räumte ein, seine Partei habe den Soli bis 2019 abbauen wollen. Nun sei es spätestens 2021 so weit.

Der Grünen-Finanzexperte Jürgen Trittin hält einen vollständigen Abbau des Solidaritätszuschlag in der kommenden Legislaturperiode für unwahrscheinlich. Trittin sagte im ZDF-"Morgenmagazin": "Ich bin sehr pessimistisch, was einen kompletten Abbau des Solis unter diesen Bedingungen angeht." Wer einen ausgeglichenen Haushalt einhalten wolle, der könne nicht gleichzeitig den Soli vollständig abbauen.

Auf die Frage, ob Union, FDP und Grünen einen dicken Brocken aus dem Weg geräumt hätten, sagte Trittin: "Nein". Man habe zunächst einen Rahmen für weitere Gespräche abgesteckt. Es sei bemerkenswert, dass vor allem die, die "lautstark" die "schwarze Null" gefordert hätten, auch diejenigen mit den teuersten Forderungen seien.

CDU-Generalsekretär Peter Tauber betonte: "Es war ein langer Abend, aber er hat sich gelohnt." CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sagte, das Finanzen-Papier zeige, dass man sehr konzentriert arbeite. "Solche Sondierungen sind ja auch kein Wünsch-dir-Was, sondern ein Finden von gemeinsamen Schnittmengen."

Auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt gab sich zufrieden. "Das, was wir im Bayernplan aufgeschrieben haben an Entlastungen bei der Einkommenssteuer, bei den Entlastungen der Familie, bei der Abschaffung des Soli, hat sich in einem gemeinsamen Papier wiedergefunden, und von daher sind wir heute zufrieden", sagte er.

In den Jamaika-Verhandlungen zur Europapolitik pochte Scheuer auf den Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. "Wir wollen keinen EU-Beitritt der Türkei und wir werden es auch sehr klar positionieren." So wolle man auch in die nächsten Verhandlungen am Donnerstag gehen. Aus Zeitgründen waren umfassendere Beratungen zum Thema Europa auf diesen Donnerstag vertagt worden.

Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner sagte zum Thema Europa, es gebe einen klaren Dissens bei der Türkei-Frage. Die Grünen "wollen die Beziehungen zur Türkei eingefroren lassen". Einen Abbruch der EU-Beitrittsgespräche halte seine Partei für das falsche Signal.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort