Frauenanteil in Unternehmensvorständen Justizministerin Lambrecht macht Druck bei Frauenquote

Berlin · Angela Merkel sprach sich im Juli für eine Frauenquote aus. Die SPD hat einen Gesetzentwurf für mehr Frauen in Vorständen vorgelegt. Doch der Gesetzentwurf stößt auf Widerstand.

 Angela Merkel sprach sich im Juli für eine Frauenquote aus.

Angela Merkel sprach sich im Juli für eine Frauenquote aus.

Foto: dpa/Bernd Weissbrod

Wie lange dauert eigentlich ein „bisschen Zeit“? Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte am 1. Juli überraschend angedeutet, dass sie sich die Einführung einer Frauenquote für Unternehmensvorstände vorstellen kann. Sie halte es für „absolut unzureichend, dass es immer noch börsennotierte Unternehmen gibt, in denen nicht eine einzige Frau im Vorstand sitzt“, ließ sie die von Männern dominierten Gremien wissen. Und setzte in jener Regierungsbefragung im Bundestag noch einen drauf: „Das ist ein Zustand, den kann man nicht vernünftig finden.“ Frau Merkel findet es also unvernünftig, wie Männer in vielen Konzernen Personal­politik betreiben.

Zwei Drittel der großen Unternehmen haben derzeit keine einzige Frau im Vorstand. Noch provozierender ist allerdings, dass sie daran auch nichts ändern wollen. Unter Punkt „Zielgröße“ steht hier in vielen Unternehmensbilanzen einfach: Null. Man strebt Null Frauen an der Spitze an. Das ist für eine Politikerin, die seit 15 Jahren dieses Land regiert vermutlich nicht nur unvernünftig, sondern auch unverständlich.

Erfolg der 30-Prozent-Quote

Merkel teilte noch mit, dass sie mit den sozialdemokratischen Ministerinnen für Familie, Franziska Giffey, und Justiz, Christine Lambrecht, darüber sprechen werde und bat dafür um „ein bisschen Zeit“. Das ist nun fünf Wochen her. Möglicherweise dauern Merkels Gespräche mit ihren CDU-Kollegen aber länger als mit den beiden SPD-Frauen.

Diese hatten Ende Februar einen Gesetzentwurf vorgelegt, wonach der Vorstand eines börsennotierten und zugleich paritätisch mitbestimmten Unternehmens mit wenigstens einer Frau besetzt sein soll, wenn er mehr als drei Mitglieder hat. Das beträfe rund 100 Unternehmen. Im Mai 2021, wenige Monate vor der Bundestagswahl, soll das Gesetz in Kraft treten – so wünschen es sich Giffey und Lambrecht.

Aber aus Merkels Union kommt Widerstand, etwa aus dem von Peter Altmaier geführten Bundeswirtschaftsministerium (BMWi), wie es in SPD-Kreisen heißt. Dort nach den Aussichten des Gesetzentwurfs gefragt, heißt es: „Die Ressortabstimmung zum Zweiten Führungspositionen-Gesetz (»FüPoG II«) läuft derzeit noch. Wie üblich können wir laufende Abstimmungen zwischen den Ressorts nicht kommentieren. Das BMWi bringt sich konstruktiv in die Abstimmungen ein. Grundlage für die Abstimmungen bildet für uns selbstverständlich der Koalitionsvertrag und dessen 1:1-Umsetzung.“

Widerstand aus der Union

Im Koalitionsvertrag steht, die Bundesregierung werde „ein besonderes Augenmerk auf Unternehmen ohne Frauen in Führungspositionen legen, die sich eine Zielgröße ‚Null’ geben“. Entsprechend den Bestimmungen des § 335 Handelsgesetzbuch (HGB) solle die „Nichteinhaltung der Meldepflicht für Zielvorgaben für Vorstände und Führungsebenen“ bei der Angabe „Zielvorgabe Null“ sanktioniert werden.  Dieser Paragraf 335 HGB regelt die „Festsetzung von Ordnungsgeld; Verordnungsermächtigungen“. Das betrifft Strafzahlungen, aber keine Frauenquote.

Das Wirtschaftsministerium betont, Altmaier treibe seit seinem Amtsantritt den Anteil von Frauen in Führungspositionen voran – in seinem Ministerium liege dieser mit rund 39 Prozent über dem Schnitt der Bundesressorts. Das sagt allerdings nichts über eine Frauenquote für Vorstände aus. Aus dem Familienministerium verlautet knapp: „Wie Ministerin Giffey mehrfach gesagt hat, gibt es Widerstand aus der Union gegen die Reform.“

Frauen steigen mit Quote schneller in Unternehmen auf

Justizministerin Lambrecht spricht da offener: „Die großen Unternehmen in Deutschland müssen endlich auch von Frauen geführt werden. Die Mindestbeteiligung von Frauen im Vorstand muss jetzt kommen, denn freiwillige Lösungen reichen nicht aus.“ Das sei auch wichtig für die Unternehmenskultur, sagt Lambrecht unserer Redaktion. Denn: „Sie führt dazu, dass Frauen im gesamten Unternehmen schneller aufsteigen als in Unternehmen ohne Quote.“

Die vor rund fünf Jahren eingeführte 30-Prozent-Quote für Aufsichtsräte gilt übrigens als Erfolg. Inzwischen liegt hier der Frauenanteil bei 35 Prozent (damals: 25 Prozent). Lambrecht sagt, Frauen trügen mit hoher Qualifikation und Leistung zum Unternehmenserfolg bei. „Das muss sich auch in den Führungsebenen der Unternehmen zeigen.“ Sie freue sich, dass auch Merkel es für nicht vernünftig halte, dass es immer noch börsennotierte Unternehmen ohne eine einzige Frau im Vorstand gebe. Bleibt die Frage nach dem Wann. Nächstes Jahr hört Merkel auf. „Ich kenne meine Grenzen der Amtszeit“, versicherte sie. Ein bisschen Zeit hat sie noch.

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