Kandidaten für den CDU-Parteivorsitz Laschet und Söder konkurrieren während Corona-Pandemie

Berlin · Während der Corona-Pandemie ist eine Konkurrenz zwischen Armin Laschet und Markus Söder entstanden. Ihr Krisenmanagement könnte die Kanzlerkandidatur beeinflussen. Eine Analyse.

 Armin Laschet (CDU, l), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, und Markus Söder (CSU), Ministerpräsident Bayerns, gemeinsam auf der Wahlkampfbühne im vergangenen Jahr.

Armin Laschet (CDU, l), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, und Markus Söder (CSU), Ministerpräsident Bayerns, gemeinsam auf der Wahlkampfbühne im vergangenen Jahr.

Foto: picture alliance/dpa/Guido Kirchner

Nein, mit Kräftemessen habe das natürlich nichts zu tun. Die Corona-Krise sei so ernst, dass nun wirklich niemand an die Kanzlerkandidatur denke. Sie verstünden sich prima. Antworten auf Fragen an die Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU) und Markus Söder (CSU) beziehungsweise deren Parteikollegen in Bund und Ländern, ob es zwischen ihnen gerade einen Machtkampf gibt. Das Auffällige daran ist nur, dass vor allem der eine in Düsseldorf und der andere in München die Debatte über die Art der Bewältigung der Pandemie prägen.

Und sich dabei nichts schenken. Jedenfalls horcht man auf, wenn ausgerechnet Söder nach Laschets Drängen auf eine offene Debatte über Lockerungen der Kontaktsperren vor einem „Überbietungswettbewerb“ warnt und Laschet sich davon nicht angesprochen fühlen will, weil der Bayer ein „netter Kollege“ sei. So nett wie er vielleicht irgendeinen anderen Kollegen einer anderen Partei oder so findet, jedenfalls beliebig.

Laschet fand es aber überhaupt nicht nett, wie Söder zu Beginn der Krise mit schnellen Kontaktsperren vorgeprescht war und sich vor den anderen als Mann des starken Staates präsentiert hatte. Das hatte auch weitere Amtskollegen und die Kanzlerin verärgert, weil sie doch in diesen unsicheren Zeiten mit Gemeinsamkeit die Bürger beruhigen wollten. Und nun ist Laschet mit der Diskussion über den Exit aus den Freiheitsbeschränkungen vorangeschritten, was ebenfalls Kanzlerin und Amtskollegen missfällt.

Söder ist Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz

Der bayerische Regierungschef hat derzeit nur einen gewichtigen Vorteil: Er hat just jetzt ein Amt inne, dass nur alle 16 Jahre vergeben wird – den Vorsitz der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK). Damit ist der 53-Jährige der Sprecher der Länder, der nach Telefonschalten mit und neben der Kanzlerin erklärt, wie die Krise gemanagt wird. Wie am Mittwochabend im Kanzleramt, als es ihn freute, „dass sich insgesamt die vorsichtigere Linie, die auch die Bundeskanzlerin vertreten hat“, ganz mehrheitlich durchgesetzt habe. Vorsichtiger als Laschet, die Mehrheit und die Bundeskanzlerin auf Söders Seite.

Wer bis dahin geglaubt hat, dass doch gerade der ähnlich wie Merkel freiheitsliebende Laschet die Linie der Kanzlerin vertrete – und ganz anders als Söder auch in der Flüchtlingskrise an ihrer Seite stand – sieht plötzlich den Bayern in ihrer Nähe. Als CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer noch Chancen auf die Kanzlerkandidatur hatte, hieß es, sie müsse sich von Merkel abgrenzen, um eigene Stärke zu demonstrieren. Doch die ungebrochenen Beliebtheitswerte der spätestens 2021 scheidenden Kanzlerin mögen ein Umdenken bewirkt haben.

Und nun steigen in der Krise auch noch die Umfragewerte der Union in Richtung 40 Prozent. Damit für Laschet aber nicht genug des Drucks: Laut Umfragen bescheinigten die Bürger zuletzt Söder auch noch das größte Durchsetzungsvermögen unter den Ministerpräsidenten in der Corona-Krise und für eine Kanzlerkandidatur hat er demnach deutlich mehr Rückhalt als Laschet, der sich um den CDU-Vorsitz bewirbt. Von den beiden anderen Kandidaten Norbert Röttgen und Friedrich Merz ist derzeit kaum die Rede, weil Krisen immer den Blick auf die Regierenden lenkt und nicht auf die, die nichts entscheiden können.

Laschets Krisenmanagement wird gemischt beurteilt

Obendrein schön für Söder, dass er zwar als Merkel-Nachfolgekandidat gehandelt wird, aber es nach eigenem Beteuern gar nicht anstrebt. Das könnte Laschet als Chef des größten CDU-Landesverbandes und bevölkerungsreichsten Bundeslandes so nie sagen, ohne sich gleich ins Aus zu schießen. Die CDU will einen machtbewussten Parteivorsitzenden haben, der zumindest den Anspruch  auf den Machterhalt im Kanzleramt erhebt.

Laschets Krisenmanagement wird in der Union gemischt beurteilt. Im Wirtschaftsflügel wird dankbar aufgenommen, dass er es gewagt hat, offen über eine Exit-Strategie zu sprechen, obwohl Merkel alle zur Zurückhaltung aufgerufen hat. Laschet ist überzeugt, dass es Unternehmen, aber auch Privatmenschen Hoffnung macht, wenn eine Lockerung in Schritten in Aussicht gestellt wird. Er soll dabei mit dem eigentlich gemütlichen Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) heftig aneinandergeraten sein. „Lebhaft“ sei die Debatte am Mittwoch gewesen, heißt es im Kanzleramt. Es hat also richtig gescheppert. Aber Laschets Reaktion des MPK-Beschlusses, wonach die Schulen weitestgehend bis zum 4. Mai geschlossen bleiben während NRW sie ab Montag wieder schrittweise öffnen wollte, sorgte mitunter für Enttäuschung. Nicht, weil er überstimmt worden sei. Sondern, weil er in Interviews darauf verwies, nicht er habe von einer schnellen Rückkehr in die Klassenzimmer gesprochen, sondern seine Schulministerin. Wenig souverän.

Der Vorsitz der Ministerpräsidentenkonferenz wechselt übrigens jährlich. NRW ist im Herbst 2021 dran. Nach der Bundestagswahl.

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