SPD-Generalsekretärin Katarina Barley: Die Unbekannte

BERLIN · Kein leichtes Amt. Mit Sigmar Gabriel kann man aneinandergeraten. Sehr schnell sogar. Katarina Barley könnte das bald zu spüren bekommen. Als neue SPD-Generalsekretärin wird die 47 Jahre alte Juristin ganz wesentlich die Linien sozialdemokratischer Politik mitbestimmen, Wahlkämpfe organisieren und Kampagnen lenken.

 Die neue an Gabriels Seite: Katarina Barley.

Die neue an Gabriels Seite: Katarina Barley.

Foto: dpa

Anders als Vorgängerin Yasmin Fahimi, die nach nur zwei Jahren ihren Stuhl im Willy-Brandt-Haus räumt und Staatssekretärin im Bundesarbeitsministerium wird, gilt Barley in der SPD als gut vernetzt.

Barley arbeitet in ihrer neuen Funktion gewissermaßen Tür an Tür mit Parteichef Gabriel, dessen Wille zur Teamarbeit als begrenzt und der als sehr streitbar gilt. Kaum vorstellbar, freut sich beispielsweise ein Delegierter des SPD-Parteitages in Berlin, dass sich Gabriel ähnlich wie die CDU-Vorsitzende Angela Merkel von CSU-Chef Horst Seehofer auf offener Bühne düpieren lassen würde - wie Merkel vor drei Wochen beim CSU-Parteitag. Gabriel ist ein Vorsitzender, der leicht auf Krawall gebürstet ist - gegen den politischen Gegner ebenso wie im internen Umgang.

Barley hat als zentrale Aufgabe, die SPD aus jenem 25-Prozent-Umfragetal zu holen, in dem die Partei seit Jahren feststeckt, egal, welche Fehler die politische Konkurrenz auch macht. Die 600 Delegierten des Berliner Parteitages schickten die Mutter zweier Söhne erst einmal mit einem Vertrauensvorschuss von 93,0 Prozent in dieses neue Amt.

In der Bundespolitik ist Barley bislang eine Unbekannte. Das muss kein Nachteil sein. Sie trat 1994 in die SPD ein, agierte aber lange nur in der Landespolitik in Rheinland-Pfalz. Im Bundestag sitzt Barley, deren Vater Brite ist und deren Nachname deswegen auch englisch ausgesprochen werden soll, erst seit 2013. Sie gilt als Frau der eher leisen Töne und verweist darauf, dass die Wählerinnen und Wähler heute "kein ritualhaftes Draufhauen" mehr einer Generalsekretärin erwarteten.

Gleichwohl wird Barley, die auch schon als Justiziarin der SPD-Bundestagsfraktion gearbeitet hat, die Attacke auf den politischen Gegner fahren müssen. Angriff ist oft die beste Verteidigung, es muss ja nicht immer gleich mit dem Säbel sein. "Pointierte Attacken, dort, wo sie sinnvoll und nötig sind", schließt die neue Generalsekretärin aber nicht aus. Das ließ sie die Genossinnen und Genossen über das SPD-Parteiorgan "Vorwärts" schon einmal wissen.

Barley machte in ihrer Bewerbungsrede an den Parteitag auch gleich deutlich, wie das gehen könnte. Zum Beispiel beim strittigen Thema der Flüchtlingspolitik. Wenn es eine Partei gebe, die auf die derzeitigen Herausforderungen Antworten geben könne, "dann sind wir es", rief Barley in den Saal. Beifall aus Reihen der Delegierten, weil gerade eine künftige Generalsekretärin ein "Wir"-Gefühl in der Partei schaffen muss.

Wie hatte der SPD-Vorsitzende Gabriel zum Ende seiner Parteitagsrede noch gesagt? "Ich sage Euch: Das schaffen wir! Wir gemeinsam!" Das war zwar eine Anspielung auf das "Wir schaffen das!" von CDU-Chefin Merkel in der Flüchtlingspolitik. Aber gemeinsam müssen es auch Gabriel und Barley schaffen - für das Ziel des Wiedereinzugs eines Sozialdemokraten ins Bundeskanzleramt. Barley betonte, dass Merkel in der Flüchtlingspolitik zwar Stellung bezogen habe, keine Frage. Aber dafür werde sie nun auch von der Schwesterpartei CSU gemobbt.

Sie will jedenfalls als neue SPD-Generalsekretärin mit dem Anspruch antreten, die SPD jünger und attraktiver zu machen und dabei, wo immer möglich, auch Nicht-Wähler für die Sozialdemokratie zurückzugewinnen. Barley glaubt daran, dass dies möglich ist: "Wenn wir für unsere Werte eintreten, dann werden wir zu neuer Stärke finden." Neue Stärke: Für die Volkspartei SPD kann dies kein Wert von dauerhaft unter 30 Prozent bedeuten. Barley will daran arbeiten. Auch sie wird am Ende an Wahlergebnissen gemessen.

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